Ohne Ausbildung am Pflegebett

GESUNDHEIT Es fehlen Fachkräfte in der Pflege. Zunehmend, so das Ergebnis einer Studie der Arbeitnehmerkammer – und nicht nur wegen Geldmangels. Auf einem Fachtag wurde darüber beraten

Laut „Institut für Arbeit und Wirtschaft“ nimmt der Mangel an Pflege-Fachkräften in Bremen zu.

■ 10 Prozent der Stellen für ausgebildete PflegerInnen wurden 2012 nicht besetzt.

■ Fast doppelt so viele Fachstellen wie dafür qualifizierte Arbeitslose gab es 2011 und 2012 im Durchschnitt in der Altenpflege, etwas weniger bei der Krankenpflege.

■ Hilfskraft-Stellen hingegen sind gefragt: 2012 gab es in der Krankenpflege 14 Arbeitslose pro Hilfskraftstelle, neun pro Stelle in der Altenpflege.

In Bremen fehlen ausgebildete Pflegekräfte. Jede zehnte Fachkraft-Stelle wurde 2012 nicht besetzt. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das „Institut für Arbeit und Wirtschaft“ im Auftrag der Arbeitnehmerkammer in Bremer Pflegebetrieben erstellt hat. Am Mittwoch wurde sie auf einem Fachtag vorgestellt.

Durch die Studie wurde klar: Nicht nur die PatientInnen werden älter, sondern auch die Pflegenden. Ein Drittel der Beschäftigen in den Bremer Betrieben ist über 50 Jahre alt. 110 Einrichtungen und 7.000 Beschäftige hatten an der Studie teilgenommen. Bis 2030 kann für Bremen eine Personallücke von 2.300 Vollzeit-Stellen prognostiziert werden. Aber: Für viele ist die Krankenpflege-Ausbildung nicht attraktiv. Von den 800 Ausbildungsplätzen im Pflegebereich blieben 2012 einige unbesetzt. Die Einrichtungen weichen auf Hilfskräfte aus, stellen mehr ein, als sie suchen.

Zudem arbeiten mehr als 52 Prozent der Pflegenden in Teilzeit. „Ein Kennzeichen eines Frauenberufes, aber nicht unbedingt familienfreundlich“, so Elke Heyduck von der Arbeitnehmerkammer. Denn: „Teilzeit heißt auch, mit geringen Löhnen umgehen zu müssen.“

Für den Staat ist das teuer: Laut DGB schuften schon unter den Vollbeschäftigten in der Altenpflege fast 50 Prozent für einen Bruttolohn von weniger als 1.500 Euro im Monat, in der Krankenpflege sind es rund 20 Prozent – eine miese Bezahlung, die ohne aufstockende Sozialleistungen kaum zum Leben reicht.

Müssen also Arbeitsbedingungen und Bezahlung attraktiver werden? „Ja“, heißt’s von der Arbeitnehmerkammer. „Ja“, sagt auch Gesundheitssenator Hermann Schulte-Sasse (parteilos). Für den Krankenhaus-Bereich engagiere er sich auf Bundesebene dafür, die Fallpauschalen-Finanzierung zu reformieren.

Arbeitsagentur-Chef Götz von Einem setzt auf Umschulung und verbesserte Aufstiegsmöglichkeit für die vielen Hilfskräfte. Aber: „Es ist nicht so, dass sich jeder für diesen Bereich eignet.“ Zumindest: „Am Geld liegt es nicht“, so von Einem. Seine Fördermittel hatte die Arbeitsagentur 2012 nicht ausgeschöpft.

„Viele können sich eine Umschulung nicht leisten“, so Bernhard Loheide, Geschäftsführer der AWO in Bremen. Für Hilfskräfte bestünde noch eine weiteres Problem: „Oft kommen sie aus bildungsfernen Schichten und trauen sich das nicht zu.“

Das kenne auch Sven Beyer, Vize-Geschäftsführer Landesverbands privater Anbieter sozialer Dienste. Zumindest auf der Lohnseite könnte sich etwas bewegen. Für die Arbeitgeber-Seite will Beyer sich mit Verdi-Referent Uwe Schmidt zusammensetzten. Der fordert schon lange: Einen Pflege-Tarifvertrag für Bremen.  JPB