EM-Aus für deutsche Basketballer: Zeit der Aufarbeitung

Die hohe 55:83 Niederlage gegen Weltmeister Spanien sorgt für lange Gesichter - und offenbart die Strukturprobeleme des deutschen Basketballs.

Selbst Dirk Nowitzki konnte der deutschen Mannschaft kein Leben einhauchen. Bild: dpa

Wer der deutschen Basketball-Nationalmannschaft vor Beginn der Europameisterschaft eine Medaille zugetraut hatte, war entweder schlecht informiert oder ein hoffnungsloser Optimist. Bundestrainer Dirk Bauermann ist keiner dieser Gruppen zuzurechnen und dennoch gab der 49-Jährige das Ziel aus, in Spanien das Finale erreichen zu wollen. Nach der 55:83-Niederlage im Viertelfinale gegen Weltmeister Spanien ist jede Illusion geplatzt, der Trainer zur Wahrheit verpflichtet: "Mit dieser Leistung haben wir es nicht verdient, unter den besten vier in Europa zu stehen", gestand Bauermann in der Mixed-Zone des Madrider Sportpalastes und gab zu, "dass wir nie gesagt haben, über die talentierteste Mannschaft zu verfügen".

Überdeutlich ließ sich das gegen Ende des dritten Viertels beobachten. Beim Stand von 36:56 war das Spiel gelaufen, und die Spanier hatten außer Rudy Fernandez vier ihrer Bankspieler auf dem Parket. Die zweite spanische Garde bestand jedoch mit Jorge Garbajosa (Toronto) und Sergio Rodriguez (Portland) aus zwei NBA-Spielern, sowie mit Alex Mumbru (Madrid) und Marc Gasol (Girona) aus zwei Europaliga-erfahrenen Akteuren. Dementsprechend lässig zelebrierten die Spanier ihre Basketball-Show. Die Deutschen dagegen hatten "bereits aufgegeben" (Mithat Demirel) und kollabierten kurze Zeit später gegen die spanische Ganzfeldzonenverteidigung.

Dirk Nowitzki, der nach seinen schwachen Auftritten gegen Slowenien (16 Punkte), Italien (15) mit elf Zählern erneut weit unter seinen Möglichkeiten blieb, gestand frustriert: "Mit den ganz Großen können wir nicht mehr mithalten." Im Vergleich zum sensationellen Erfolg vor zwei Jahren hätten sich die anderen alle weiter entwickelt, "wir dagegen sind irgendwie stehen geblieben", so sein schonungsloses Urteil.

Der deutsche Basketball und insbesondere die Basketball Bundesliga (BBL) gehören in Europa seit Jahren nicht zur Spitzenklasse. Während der einzig europäische Erfolg einer deutschen Vereinsmannschaft elf Jahre zurückliegt (Alba Berlin gewann 1996 den Korac-Cup), sammelten spanische Teams im selben Zeitraum sieben vergleichbare Titel.

Vor allem zwei Ursachen sind dafür verantwortlich: Während die spanische Profiliga ACB ihren Teams seit Jahren vorschreibt, vier nationale Spieler einzusetzen, hat die Bundesliga erst seit dieser Saison die Quote für Deutsche Spieler auf drei angehoben. Nach der weltweiten Spielermarktöffnung 2005 konnten die Clubs anfänglich mit zehn Amerikanern spielen. Während die BBL außerdem nach drei Jahren Pay-TV (Premiere) in der kommenden Saison nur im Internet (Sportdigital.TV) und gegen eine Gebühr via Satellit (entavio) zu sehen ist, hat jeder spanische Profi-Club gleich zwei TV-Deals: Einen mit dem nationalen Sender TV-Espania und einen weitern mit einem der diversen lokalen Sender. Dabei setzen vor allem die so genanten "autonomen" Stationen (vergleichbar mit den dritten Programmen der ARD) auf Basketball, weil sie sich die Fußballrechte nicht leisten können.

Zwar verfügen in der BBL Clubs wie Berlin und Bamberg über Budgets zwischen sechs bis acht Millionen Euro, doch das Gros der Vereine kämpft um die Existenz. Als Konsequenz wurden jahrlang billige Ausländer den vermeintlich teureren Deutschen vorgezogen. So standen in den BBL-Viertelfinals in der vergangen Saison lediglich acht deutsche Spieler in der Startformation.

Die mangelnde Spielpraxis, insbesondere auf hohem Niveau, merkt man nun den Nationalspielern an. In den ausstehenden Platzierungsspielen, wird das vermutlich nicht besser werden. Denn der Druck gewinnen zu müssen, ist nach wie vor groß.

Schließlich muss die deutsche Mannschaft aus den verbleibenden zwei Spielen unbedingt eines gewinnen, um sich zumindest über die Hintertür die Chance auf Olympia 2008 zu wahren. Denn nur der siebte Platz berechtigt zur Teilnahme am vorolympischen Qualifikationsturnier (9. Juli 2008). Sollte auch dieses Minimalziel verfehlt werden, wäre dies in der Tat überraschend. Die Ursachen dafür sind es allerdings nicht.

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