Frankreich: Rüstungsfirma verklagt Bürgerinitiative

Eine Menschenrechtsorganisation behauptet, die Elektrowaffe der Polizei vom Typ Taser X26 töte. Nun will der Hersteller Schadenersatz.

Elektroimpulswaffe "Advance Air Taser M26" Bild: dpa

PARIS taz Der Prozess, der am Montag in Paris stattfindet, ist eine Premiere: Ein Rüstungsfabrikant klagt gegen eine Bürgerinitiative wegen Geschäftsschädigung. Die französische Menschenrechtsorganisation RAIDH hatte erklärt, die Elektrowaffe "Taser X26" der französischen Polizei könne töten. Das Unternehmen, bewirbt die Waffe mit Slogans, die das exakte Gegenteil behaupten. "Die X26 rettet Leben, verhindert Verletzungen und ist eine Technologie für das Leben", heißt es darin.

"SMP Technologies", das zu dem in den USA beheimateten Konzern "Taser International" gehört, klagt auf Schadenersatz in Höhe von 61.000 Euro. Zum Anlass nahm das Unternehmen eine Erklärung des früheren trotzkistischen Präsidentschaftskandidaten und Mitglieds von RAIDH, im französischen Fernsehsender Canal +. Olivier Besancenot hatte gesagt, "diese Pistole sieht aus wie ein sympathisches Spielzeug, tatsächlich hat sie den Tod von dutzenden Menschen in den USA verursacht."

Die Taser X26 ist eine elektrische Nahkampfwaffe, mit der Polizeieinheiten und private Sicherheitsorganisationen in 61 Ländern arbeiten. Die Hersteller preisen ihre Waffe als ideales Gerät für fast jede Art von Polizeieinsätzen. Ein Taser jagt dem Opfer Stromstöße von 50.000 Volt durch den Kopf. Das soll die Kommunikation zwischen Hirn und Muskeln kurzzeitig unterbrechen und das Opfer "neutralisieren". Der Hersteller behauptet, der Einsatz hinterließe keine gesundheitlichen Folgen. Das Opfer sacke zu Bode, bleibe bei Bewusstsein und gehorche anschließend der Polizei.

KritikerInnen des Tasers X26 sehen das anders. 2005 zählte die Menschenrechtsorganisation amnesty international allein in den USA 60 Menschen, "die nach einem Taser-Einsatz gestorben sind". 2006 war die Zahl der Opfer in den USA auf 260 gestiegen. "Die meisten dieser Personen haben Mehrfachladungen aus dem Taser erhalten", merkt amnesty an und bemängelt den "exzessiven und lang anhaltenden Einsatz" der Waffe.

In Frankreich hatte Exinnenminister Nicolas Sarkozy den Taser X26 nach den Unruhen in den Banlieues im Herbst 2005 verstärkt eingekauft. Während jetzt der erste Prozess gegen Taser-Kritiker anläuft, arbeitet das Unternehmen bereits an der Einführung des Nachfolgemodells für die Elektropistole. Die neue heißt "Taser REP". Ihre Reichweite beträgt statt bislang 6 nun 20 Meter. Sie sei geeignet für sämtliche Eliteeinheiten der Polizei und ist, so der französische Unternehmenschef Antoine Di Zazzo, "eine echte Revolution".

Nach Berichten von RAIDH ist der Taser X26 in Frankreich schon eingesetzt worden. In Lyon beklagen DemonstrantInnen, dass sie bei einer Kundgebung mehrfach und extrem schmerzhaft getasert worden seien. Im März setzte die Polizei den "Taser X26" bei einem Meeting des damaligen Präsidentschaftskandidaten Sarkozy ein. Erfolgreich: Ein Demonstrant, der das Wort ergreifen wollte, sackte zusammen und wurde weggetragen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.