Kommentar Milbradt: Sachsens Union auf Talfahrt

Schlecht beraten, schlecht präsentiert. Sachsens CDU-Chef Milbradt hat auch ein Problem mit seiner wenig inspirierenden Umgebung in der Staatskanzlei.

Nach Krisen und Affären hat die Sachsen-CDU weder politischen Selbstmord verübt noch ihrem angeschlagenen Frontmann Milbradt eindeutig den Rücken gestärkt. Sein Ergebnis von 73,8 Prozent bei der Wiederwahl als Landesvorsitzender erscheint nur wie der Aufschub einer fälligen Personalentscheidung. Die muss vor der Landtagswahl 2009 fallen. Ob sie jetzt schon anders ausgegangen wäre, wenn Milbradt einen Gegenkandidaten gehabt hätte, bleibt Spekulation.

Der Imageverlust der sächsischen CDU und ihre Talfahrt in den Umfragen haben aber nicht nur mit der Personalie an der Spitze zu tun. Wohl hat Milbradt zuerst ein Problem mit sich selbst. Er bleibt der Sturkopf, der lieber allein durchzieht und der kein Kommunikationstalent mehr werden wird. Er hat in zweiter Linie auch ein Problem mit seiner wenig inspirierenden Umgebung in der Staatskanzlei. Schlecht beraten, schlecht präsentiert. Vor allem aber hat er ein Problem mit der Partei, genauer, die CDU in Sachsen hat es mit sich selbst. Nach 17 Jahren der Machtdominanz zeigt sie zunehmend die Verschleißsymptome einer Art Staatspartei. Trotz der desaströsen Wahlniederlage 2004 spukt in vielen Köpfen noch der ungeschriebene Paragraf null der Landesverfassung, wonach die absolute Mehrheit der CDU ewig garantiert sei. Noch immer gilt die Partei als sicheres Karrieresprungbrett. Darunter leidet die Parteiarbeit und damit zwangsläufig auch die Ausstrahlung nach außen im Werben um den viel beschworenen Bürger. Von gelebter innerer Pluralität und Streitkultur ist die Sachsen-Union noch viel weiter entfernt als die Linke.

Dazu wäre die CDU in ihrer gegenwärtigen aber herausgefordert. Stattdessen beginnt mit dem Parteitag vom Wochenende das große Belauern - und wieder geht es um die Besetzung eines Postens. Wagt es jemand, Milbradt, den wackligen Machtgaranten, ernsthaft in Frage zu stellen? "Wer sich zuerst bewegt, wird erschossen", sagt ein treffendes Bonmot. Die grundsätzlichen Probleme der Partei aber wird auch ein neuer Hoffnungsträger nicht im Handstreich lösen.

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Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.

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