Landwirtschaft: Karibischer Giftcocktail auf Martinique

Pflanzenschutzmittel, die auf Bananenplantagen verwendet wurden, haben die französische Karibikinsel Martinique verseucht.

Die Bananen sind für die Bevölkerung auf Martinique mit Vorsicht zu genießen. Bild: dpa

Die beiden französischen Überseedépartements Martinique und Goudeloupe sind weitgehend mit dem Pestizid Chlordecon, das beim Anbau von Bananen eingesetzt wird, verseucht. Das geht aus einem am Dienstag im französischen Parlament in Paris veröffentlichten Bericht hervor.

Das Gift, das seit Jahrzehnten beim Anbau von Bananen benutzt wird, befindet sich heute "im Boden, im Wasser und in der kompletten Lebensmittelkette", erläutert Dominique Belpomme, international anerkannter Krebsspezialist und Autor des Berichtes. Der massive Gifteinsatz habe zu erhöhten Prostatakrebs- und Brustkrebserkrankungen, zu Missbildungen von Neugeborenen und zum Rückgang der Geburtenrate seit 15 Jahren auf den Antillen geführt, sagt Belpomme.

Der Bericht hat auch die bei gesundheitlichen Risiken zurückhaltende französische Regierung aufgerüttelt. Landwirtschaftsminister Michel Barnier spricht von einer "sanitären Katastrophe" und einer "sehr schwerwiegenden Situation".

Die französische Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot versuchte in Paris die Untersuchungsergebnisse herunterzuspielen, da "es noch keine epidemiologischen Studien" gebe. Andererseits rief sie gleichzeitig die Bevölkerung von Martinique und Goudeloupe zu "extremer Vorsicht" auf. Ministerin Bachelot rät ihren Landsleuten auf den Antillen, möglichst kein Brunnenwasser zu trinken. Die Bewohner sollten auch den Verzehr von Obst und Gemüse aus eigenen Gärten auf maximal zweimal pro Woche beschränken.

Die jetzt entdeckten Belastungen haben eine lange Vorgeschichte. Die Gefahr des Pestizids, das mindestens ein Jahrhundert lang im Boden verbleibt, ist seit den 70er-Jahren bekannt. 1979 sah ein internationales Abkommen zur Begrenzung persistenter organischer Schadstoffe ein vollständiges Verbot verschiedener gefährlicher Pestizidsorten vor, darunter auch Chlordecon. In der französischen Metropole wurde das Gift im Jahr 1990 verboten.

Auf den beiden Antilleninseln, wo sich die Lobby der großen Bananenpflanzer dagegen wehrte, trat das Verbot 1993 in Kraft. Doch bis zur kompletten Vernichtung der Restbestände setzten manche PflanzerInnen das Mittel noch bis 2002 ein. Seither benutzen die PflanzerInnen verstärkt Hormonfallen, um Insekten zu bekämpfen.

Für die französischen Antillen ist die Banane der wichtigste Wirtschaftszweig. Die beiden Inseln produzieren jährlich 260.000 Tonnen Bananen.

Landwirtschaftsminister Barnier schlug am Dienstag vor, bei dem Wiederanbau neuer Bananenplantagen komplett auf den Einsatz von Pestiziden zu verzichten.

Allerdings ist das Chlordecon bei weitem nicht das einzige Umweltproblem auf den Inseln. Auf ein weiteres Problem, das im Boden lauert, weist Professor Belpomme in seinem Bericht ebenfalls hin: Paraquat. Das Unkrautvernichtungsmittel ist erst im vergangenen Juli - zufolge einer EU-Richtlinie - vom Markt genommen worden.

Paraquat ist ebenfalls massiv auf den Antillen eingesetzt worden. Es kann ebenfalls schwere gesundheitliche Folgen für Menschen haben.

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