Layout-Reform: "FAZ" macht auf Leichtlektüre

Ab Freitag druckt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ein Farbfoto auf der Titelseite, denn die Auflage sinkt. Das Blatt verspricht etwas, das es nicht hält.

Abschied von der Bleiwüste: Bisherige Titelseite der FAZ Bild: dpa

BERLIN taz Am Freitag, 5. Oktober, ereignet sich schier Unglaubliches. Die Seite eins der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) bekommt ein neues Erscheinungsbild. Die Kommentare werden dann nicht mehr in altertümelnder Frakturschrift (Fette Gotisch) überschrieben, sondern in einer neuen, eleganten Schrifttype (Times). Das allein würde schon mehr Veränderung am Layout bedeuten als jemals zuvor. Doch es kommt noch dicker: Die FAZ macht Schluss mit ihrem selbstauferlegten Bilderverbot für die Titelseite. Wie bei allen anderen Zeitungen auch prangt künftig ein Foto auf der ersten Seite - und das auch noch in Farbe!

Ein Tabubruch, zu dem man sich offenbar wegen der seit Jahren sinkenden Auflage genötigt sah. Gegenüber der größten Konkurrentin, der Süddeutschen Zeitung (SZ), verlor die FAZ in den letzten Jahren an Boden. "Das alte Layout wirkte wie schwere Arbeit", sagte Mitherausgeber Werner D'Inka dem Spiegel. Nun will man die Zeitung zugänglicher machen. Doch was bedeutet es eigentlich, dass sich die FAZ bisher den Bildern immer verweigert hat?

Im Grunde ist es ganz einfach: Allein das Wort soll im Vordergrund stehen, dachten sich die Konservativen aus Frankfurt. Der FAZ, dem Inbegriff des seriösen Qualitätsjournalismus, war und ist der Leitartikel heilig. Den bunten Bildern hingegen huldigen allein die Boulevardblätter, mit denen man auf gar keinen Fall in Verbindung gebracht werden möchte. Für den konservativen FAZ-Journalisten gelten Bilder nicht als legitimes Repräsentationsmittel. Ein Foto auf dem Titel empfand man all die Jahre als unangemessen, weil es den Gegenstand banalisieren könnte. Nur der Verstand kann eine Vorstellung vom Geschehenen gewinnen, so dachte man sich. Sigmund Freud galt das Bilderverbot als Beweis kulturellen Fortschritts, als Höherentwicklung der Kultur vom Triebhaften zum Geistigen. Und das ist ja nun ganz im Sinne der meinungsbildenden Institution. Sie traut allein dem Diskursiven und misstraut dem Gestalthaften. Die FAZ-Community war sich einig im bewussten Verzicht auf Bilder. Damit definierte man sich nach außen und schaffte Integration nach innen.

Und nun kommt er also doch, der Traditionsbruch. Man kann aber wohl daran zweifeln, dass die FAZ nun zur leichten Lektüre für zwischendurch wird. Eine inhaltliche Modernisierung ist die Layoutreform noch nicht. Denn die Devise lautet nach wie vor: Leitartikel statt Reportage, Debatten statt Kolumnen. Die Zeitung verspricht mit ihrer neuen Aufmachung etwas, das sie nicht hält. Deshalb wird der Plan der FAZ, mit der Designkosmetik neue Abonnenten zu gewinnen, nicht aufgehen. Und die wenigen Leser, die den "marottenhaften Konservatismus" (Spiegel) des Blattes schätzen, fliehen eher vor der "Boulevardisierung" ihrer geliebten Bleiwüste.

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