Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die Mitglieder des Bundes der Vertriebenen haben mehrheitlich keine Vertreibung erlebt. Man kann zum Masseneintritt raten. Motto: "Wir sind aus unserer Stammkneipe vertrieben worden".

taz: Was war schlecht letzte Woche, Herr Küppersbusch?

Friedrich Küppersbusch ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt

Friedrich Küppersbusch: Kriegsvorratsbeschluss des türkischen Parlaments.

Was wird besser in dieser?

Mein Sohn 16.

Am Montag feiert der Bund der Vertriebenen (BdV) im Beisein von Kanzlerin Merkel sein 50-jähriges Bestehen. Was wünschen Sie ihm zum Jubiläum?

Die vollständige Rückzahlung des Lastenausgleichs. Diese funktionärsgetriebene Schlechte-Laune-Guerilla ist damals aus Steuergeldern schnellstens großzügig abgefunden worden. Während andere Kriegsopfer Jahrzehnte warten mussten oder leer ausgingen. Als die wenigen überlebenden, inzwischen greisen Zwangsarbeiter endlich von Rot-Grün einen symbolischen Betrag bekamen, pöbelten bei den Durchtriebenen-Verbänden schon die Enkel der Entschädigten wieder gegen Polen. Da ihnen das Recht auf Sich-benachteiligt-Fühlen-und-deshalb-dumm-Rumquatschen-Dürfen offenbar wichtiger ist, als die längst erfolgte Linderung, sollen sie die Kohle halt zurückzahlen, dann haben sie was zum Jammern.

Die Vorsitzende des BdV, Erika Steinbach, arbeitet geschickt daran, dass Vertriebene vor allem als Opfer des Zweiten Weltkriegs gesehen werden, etwa bei ihrem Projekt "Zentrum gegen Vertreibungen". Wie sollte die Bundesregierung auf ihren Wunsch nach Förderung reagieren?

Der BdV erhält seit Jahrzehnten Geld nach dem "Bundesvertriebenengesetz". Humorigerweise, weil er zur "Integration von Zuwanderern" beitrage und zur "Aussöhnung und Verständigung mit den Nachbarn". Das geht in dem Land, in dem die NPD Wahlkampfkostenerstattung bekommt. Während der deutschen Einigung stimmte der damalige BdV-Führer Herbert Czaja gegen die Verträge und gegen seine Unionsfraktion, weil er "mit dem Anschluss der ehemaligen DDR die Wiedervereinigung nicht für abgeschlossen ansah". Der Bund finanziert also ohnehin bereits verfassungsfeindliche und kriegstreiberische Bestrebungen. Da die BdV-Mitglieder heute mehrheitlich keine Vertreibung erlebt haben, rate ich zum Masseneintritt ("Wir sind aus unserer Stammkneipe vertrieben worden" - "Streit mit der Liebsten, fühle mich nicht wohl zu Hause" - "Kirch hat mich aus der 'ARD-Sportschau' vertrieben").

Gefördert werden jedenfalls künftig einige exzellente Forscher an den deutschen Universitäten. Gleichzeitig müssen StudentInnen bald überall Studiengebühren zahlen. GEW und StudentInnen wollen erklären, dass so das "völkerrechtlich verbriefte Menschenrecht auf Bildung" verletzt werde. Zu Recht?

Ich weiß es auch nicht! Der klassische Diplomtaxifahrer, die notorische Hausfrau M. A. sprechen sicher dafür, dass es traurig ist, das "Falsche" studiert zu haben. Das Gegenteil von "falsch" aber ist "richtig" und nicht "gar nicht". Also sollte mehr herauskommen, als das man vor vierzig Jahren begonnen hat, die Universitäten den Arbeiterkindern zu öffnen - und sie ihnen nun via Gebühren wieder schließt.

Kritiker sagen, das Problem ist eher die Lehre als die Forschung. Was meinen Sie?

Wäre ich so lange an der Uni geblieben, bis ich mit "Forschung" ernsthaft Kontakt bekommen hätte, wären meine Praxiskontakte unterwegs verödet. Bei Journalistik ganz klar: "Wenn du ein geiles Jobangebot bekommst während des Studiums, greif zu und brich ab. Sonst hast du später ein tolles Diplom und keinen Job." Also war schon damals das Studium eher ne Karriereschneise.

Am Donnerstag beginnt der Bundesparteitag der SPD. Wird das ein Siegeszug für den Vorsitzenden Kurt Beck?

Eine Frage, die sicherlich viele interessiert: Kurt Beck, ein paar Freunde von Kurt Beck äh.

Ob Verlängerung des Arbeitslosengelds oder Volksaktien bei der Bahn-Privatisierung - die wichtigsten Probleme sind im Vorfeld des Parteitags gelöst worden. Da kann die SPD in Ruhe die CDU attackieren. Denn "Ruhiges Mitregieren", sagt Beck, bringe zu wenig. Hat er recht?

Natürlich. Wäre diese Regierung erfolgreich, müsste die SPD erkennen, dass sie bei Müntefering einen großen Fehler gemacht hat.

Wenn Müntefering der Moses von Schröder ist, der sich an den Agenda-Gesetzestafeln verhoben hat, welche Rolle spielt dann Beck?

Wie kann man der Moses von Judas sein? Der Vorsitzende dagegen erinnert mich zunehmend an Becki-Igel, das lustige Maskottchen der SPD-Mitgliederzeitschrift "HörAuf".

Im Bundestag wird diese Woche das Kommunalwahlrecht für hier lebende Ausländer beraten. Was halten Sie davon?

Nix. Wahlrecht und Staatsangehörigkeit gehören zusammen.

Und was macht Borussia Dortmund?

Präsident gibt Trainer "volle Rückendeckung", Trainer erklärt seinen "Spaß, beim BVB" zu sein. Normal fangen so Trennungen an.

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