Kirgisiens Präsident geht aufs Ganze: Ungehorsames Parlament aufgelöst

Mit einem zweifelhaften Verfassungsreferendum hat Staatschef Bakijew seine Rolle gestärkt. Nun soll noch ein gehorsames Parlament her.

Präsident Kirgisiens: Kurmanbek Bakijew Bild: dpa

ALMATY taz Der kirgisische Präsident Kurmanbek Bakijew will es wissen. Nach der neuen Verfassung soll es nun auch ein neues Parlament in dem bettelarmen Gebirgsstaat in Zentralasien geben. Nachdem am Sonntag die Verfassung des zentralasiatischen Staates - die dritte innerhalb Jahresfrist - in einem umstrittenen Referendum angenommen wurde, löste Bakijew am Montag das Parlament auf.

Regierungsunabhängige Organisationen, die die Abstimmungen am Sonntag beobachtet haben, sprachen von schweren Verstößen. Die Zentrale Wahlkommission erklärte, dass die neue Verfassung mit über 76 Prozent angenommen wurde.

Bei den im Dezember zu erwartenden Neuwahlen will Bakijew mit Hilfe der Präsidentenpartei Ak Schol sich ein serviles Parlament erzwingen. Proteste wegen Wahlfälschungen bei den Parlamentswahlen im Februar 2005 hatten den Umsturz in Kirgisien ausgelöst, in dessen Verlauf Präsident Aksar Akajew außer Landes flüchten musste. Das Parlament entwickelte sich zu einem Hort der Opposition gegen Bakijew.

Kaum kam Bakijew als neuer Staatschef zu Amt und Würden, bildete sich eine neue Opposition aus früheren Mitstreitern und alten Akajew-Anhängern. Über zwei Jahren versuchte diese mit Protestaufmärschen, Jurtenlagern und Pferdekämpfen Bakijew in die Knie zu zwingen. Dem neuen Präsidenten aus dem Süden des Landes warf die Opposition, die vorwiegend aus dem Norden stammt, Vetternwirtschaft und Korruption vor.

Im November 2006 war das Ziel der Opposition fast erreicht. Ein mehrwöchiger Protestmarsch zwang den Präsidenten im Winter 2006, eine Verfassung zu unterschreiben, die aus Kirgisien eine parlamentarische Republik machte. Der Triumph war nur von kurzer Dauer. Bakijews Gefolgsleuten gelang es, die Parlamentarier zu einer erneuten Verfassungsrevision zu überreden, die die radikalere Novemberverfassung wieder entschärfte. Die Opposition versuchte, mit weiteren Demonstrationen in diesem Frühjahr wieder die Oberhand zu gewinnen. Doch ihre Reserven waren erschöpft. Mit Knüppeln und Tränengas trieben kirgisische Sicherheitskräfte das letzte Aufgebot aus gemieteten Tagelöhnern der Opposition auseinander. Im September kassierte das kirgisische Verfassungsgericht die im Dezember geänderte Verfassung, und Bakijew nutzte die Stunde, den eigenen Entwurf am Sonntag in einem Referendum vorzulegen.

"Das Referendum hat gezeigt, dass wir bei den Parlamentswahlen auf der Hut sein müssen", sagte Kabai Karabekow, einer der oppositionellen Volksvertreter.

Nach der neuen Verfassung kann das Parlament zukünftig den Premierminister bestimmen, dessen Rechte zu Gunsten des Präsidenten jedoch geschwächt sind. Ähnlich wie in den Nachbarstaaten wird erwartet, dass die Präsidentschaft die gesamte Staatsmacht einsetzt, um einen überwältigenden Sieg der von Bakijew ins Leben gerufenen Ak-Schol-Partei sicherzustellen. Die Oppositionsparteien werden getrennt antreten, ein Einigungsversuch scheiterte. Sie müssen die fünf Prozenthürde überspringen.

Die Wahlen in Kasachstan im August haben gezeigt, wie tödlich eine Prozenthürde für die Opposition in Zentralasien sein kann. In Kasachstan sitzen nur Abgeordnete der Partei der Macht im Parlament, so etwas Ähnliches scheint auch Bakijew in Kirgisien vorzuschweben.

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