Warten auf die Behindertenbeauftragte

Seit fünf Monaten ist die Stelle der Landesbehindertenbeauftragten nicht besetzt. CDU-Sozialminister Laumann wird jetzt von der Opposition attackiert. „Die Stelle ist gesetzlich vorgeschrieben.“ Auch Behindertenverbände sind empört

DÜSSELDORF taz ■ Das Fehlen einer Landesbehindertenbeauftragten in Nordrhein-Westfalen wird zum Politikum: Nach den Behindertenverbänden ruft nun auch die Opposition lauthals nach einer Wiederbesetzung des Posten. „Die Stelle ist gesetzlich vorgeschrieben“, mahnt Birgit Fischer, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und ehemalige Sozialministerin an: „Fünf Monate sind vergangen, und die Behinderten haben immer noch keinen Ansprechpartner“.

Bei Amtsantritt hatte Karl-Josef Laumann, NRW-Minister für Arbeit und Soziales, die Behindertenpolitik als „Königin der Sozialpolitik“ bezeichnet. Auf das Angebot der bisherigen Amtsträgerin Regina Schmidt-Zadel, die Geschäfte bis zur Neubesetzung kommissarisch weiterzuführen, reagierte er aber nicht. In einer aktuellen Stunde am Mittwoch abend musste sich Laumann dafür von Fischer und Barbara Steffens, sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion rechtfertigen. „Das ist schon fast ein Running Gag“, sagt Steffens, „in jeder Sozialausschuss-Sitzung habe ich die Frage nach der Wiederbesetzung gestellt, jedes Mal kam die Antwort: ‚Wir sind auf einem guten Weg‘“. Der Running Gag verfolgte sie auch am Mittwoch bei der Fragestunde: Laumann konnte nicht sagen, ob die Stelle vor 2006 überhaupt noch besetzt ist.

Eines ist sicher: Die drei Mitarbeiterinnen der ehemaligen Beauftragten werden von der neuen Regierung nicht übernommen. Schmidt-Zadel ist empört: „Die saßen jetzt monatelang wartend im Büro und waren zum Nichtstun verdammt“. Nun müsste also nicht nur ihre Nachfolgerin, sondern auch deren Mitarbeiterinnen das richtige Parteibuch haben. „Ich verstehe nicht warum das Amt in Nordrhein-Westfalen so politisch aufgeladen wird“, so Schmidt-Zadel. In Hamburg und Hessen seien ihre KollegInnen bei Regierungswechsel nicht ausgetauscht worden. Schmidt-Zadel steht nun den Behinderten „nicht als Beauftragte des Landes, sondern als interessierte Privatperson“ weiter zur Verfügung, denn die Anfragen der Behindertenverbände sind immens: „Ich werde ständig auf Veranstaltungen eingeladen und um Rat gefragt“.

Auch der Sozialverband Deutschland NRW macht seit ein paar Monaten Druck auf die Landesregierung: „Die 1,7 Millionen Behinderten im Land sind verunsichert von dieser Hinhaltetaktik“, sagt die Landesvorsitzende Marianne Saarholz. Auch Annette Schlatholt, stellvertretende Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft der Selbsthilfe Behinderter, ist empört: „Das ist eine Schande“, sagt sie. Ihre Organisation hätte Laumannbereits mehrmals aufgefordert, die Stelle wieder zu besetzen. „Da muss endlich etwas passieren.“

Doch der Minister will sich nicht drängen lassen. „Wir setzten ein Signal, in dem wir das Amt überhaupt wieder besetzen“, sagt sein Sprecher Ulrich Lensing. In der Tat ist die Stelle der Behindertenbeauftragten bei der Eindämmung des „ausufernden Beauftragtenwesens“ (Jürgen Rüttgers) als eine von dreien verschont geblieben – weil sie gesetzlich vorgeschrieben ist. „Das ist noch kein Grund. Wir hätten ja auch das Gesetz einfach ändern können“, so Lensing. NATALIE WIESMANN