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Schmidt und Pochers "Nazometer"Streit über "Geschmacklosigkeit"

Bei ihrer Premiere gingen die Entertainer Schmidt und Pocher mit einem "Nazometer"-Gag auf die Eva-Herman-Debatte ein. Ob sie das erneut tun, ist fraglich: Die Kritik ist groß.

"Lustvolles Überschreiten von Grenzen": Harald Schmidt und Oliver Pocher Bild: dpa

Es war eine Sendung, der man anmerkte, dass das Konzept noch nicht fertig ist: Harald Schmidt und Oliver Pocher gingen am 25. Oktober gemeinsam auf Sendung - "Schmidt & Pocher" heißt das Format, das jede Woche am Donnerstag in der ARD läuft. Der Rummel war groß gewesen, es waren ungefähr so viele Artikel über Oliver Pocher angefertigt worden, dass es einen Menschen einen Monat lang beschäftigen würde, sie alle zu lesen.

Nach der Premierensendung aber hieß es: Die Sendung sei nicht gut, sie sei nicht schlecht - sie sei vor allem nicht fertig. Nun, vor der nächsten Sendung, werden Schmidt und Pocher möglicherweise die ersten Korrekturen vornehmen: Das so genannte Nazometer soll nicht mehr zum Einsatz kommen. Die Frage ist nur: weil sich der Witz verbraucht hat? Oder weil die Kritik daran zu groß ist - aus der ARD waren Stimmen laut geworden, denen zufolge man in den Öffentlich-Rechtlichen keine Witze über die Naziideologie machen dürfe?

Schmidt und Pocher waren mit der Einführung des Nazometers auf den Auftritt der Buchautorin Eva Herman bei Johannes B. Kerner im ZDF eingegangen, die dort in mindestens grenzwertigem Zusammenhang über Autobahnen gesprochen hatte und heftig kritisiert worden war.

Schmidt und Pocher testeten nun in ihrer ersten Sendung mit Hilfe des "Nazometers", welche Begriffe als grenzwertig in Bezug auf die Verwendung von Nazi-Vokabular gelten. Es schlug zum Beispiel nicht aus, als Pocher sagte, dass er zu Hause einen Gasherd habe - doch das Publikum lachte. In einem anderen Zusammenhang sprach Schmidt später vom Duschen. Pocher kommentierte, es sei gut, "dass das ,Nazometer' jetzt nicht hier ist".

Nach der Sendung gerieten die Entertainer dann in die Kritik. Die Stuttgarter Nachrichten zitierten den Intendanten des Südwestrundfunks (SWR), Peter Boudgoust, mit dem Satz: "Ein solches lustvolles Überschreiten von Grenzen darf es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht geben." Er sprach von einer "unglaublichen Geschmacklosigkeit" und sagte, er wolle das "kein zweites Mal erleben".

Auch die Israelitische Religionsgemeinschaft protestierte. Ihr Vertreter Majid Khoshlessan sagte: "Das muss Folgen haben und darf nicht mehr vorkommen." Solche Witze seien in einem öffentlich-rechtlichen Sender nicht hinnehmbar. Boudgoust regte darauf hin an, das Thema im Rahmen der ARD-Intendantentagung im November thematisieren zu wollen.

Vor der Sendung am Donnerstag wollen Schmidt und Pocher nun entscheiden, ob das Nazometer weiterhin zum Einsatz kommen soll. WDR-Redakteur Klaus Michael Heinz, der für die Sendung zuständig ist, sagte jedoch: "Wenn wir ihn aus der Sendung nehmen, liegt das nicht an der Kritik, sondern daran, dass er sich wirklich erschöpft hat."

Man wird sehen, was am Donnerstagabend passiert. Werden Schmidt und Pocher den Fall kommentieren? Sind sie selbst der Meinung, sie seien zu weit gegangen? Werden Sie künftig gar auf Kommentare zu Gesellschaftsdebatten - wie in diesem Fall die über Eva Hermans Thesen und das Vokabular, das sie verwendete - verzichten? Oder ist der Fall als typische ARD-Diskussion zu werten, wo die Bedenken, die durch die Gegend getragen werden, so zahlreich sind und durch so viele Gremien geschleppt werden müssen, dass dort eigentlich Lastenkräne in den Fluren stehen müssten?

Es gibt allerdings auch andere Stimmen in der ARD: Programmdirektor Günter Struve verteidigte Schmidt und Pocher; er sagte der Süddeutschen Zeitung: "Satire darf an die Grenze. Das tut sie in diesem Fall." Thematische Vorgaben, so Struve, wolle man Schmidt und Pocher nicht machen. Allerdings sagte er auch: "vorerst."

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2 Kommentare

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  • AB
    André Becker

    Hallo heilig scheinende Gemeinschaft,

     

    die Frage sollte zum Wohle der "Volksgesundheit" wohl eher heißen, ob Johannes B. noch weiter auf dem öffentlichrechtlichen Schirm verbleiben soll?

     

    So ist dann sicher auch Herrn Schmidts und Herrn Pochers Idee, zu verstehen gewesen. Die Aufregung ist aber trotz ihrer Scheinheiligkeit, sehr nützlich. Die Frage nach Öffentlichrechtlichkeit (toll oder?) sollte permanent gestellt bleiben.

     

    M.f.G.

    André

  • LH
    Lutz Huth

    Harald Schmidt hätte sein ?Nazometer? vorab zum zionistischen Eichamt (Zensorenstelle) in die Protektoratsverwaltung ?Deitschland? nach Frankfurt zur Mainstreamanalyse einsenden sollen, um auf der sicheren Seite zu sein.

     

    Sollten er das Rückrat besitzen und sich nicht entschuldigen, entgegen den Speichelleckern um Umfaller vor ihm, die nur eine Wirbelsäule und kein Rückrat besaßen, macht er sich unsterblich.

     

    Lutz Huth

    Hannover