Giftstopp für Ostseeanrainer erst 2016: Todeszonen statt Ostsee-Rettung

Die Anrainerstaaten der Ostsee wollen erst ab 2016 weniger Schadstoffe ins Meer einleiten. Bis dahin wachsen die Todeszonen.

Vom Strand aus nicht zu sehen: Unter 80 Meter Meerestiefe ist in der Todeszone kein Leben mehr. Bild: dpa

WARSCHAU taz Die Ostsee soll sauberer werden. Mit diesem Ziel hatten sich im südpolnischen Krakau Regierungsvertreter der neun Ostseestaaten und der EU versammelt. Nach zwei Jahren intensiver Verhandlungen sollte auf der Ostseeschutz-Konferenz der Helsinki-Konvention (Helcom) ein umfassender Schutz- und Rettungsplan verabschiedet werden. Doch gestern blieben die Umweltminister weit hinter den einst ehrgeizigen Zielen zurück. Erst ab 2016 sollen weniger Dreck und Nährstoffe in die Ostsee geleitet werden. Bis 2021 soll dann das Ökosystem der Ostsee wieder ins Gleichgewicht kommen.

In den nächsten zehn Jahren aber soll sich zunächst kaum etwas ändern: Jährlich werden vor allem durch die Überdüngung in der Landwirtschaft eine Million Tonnen Stickstoff und 35.000 Tonnen Phosphor in die Ostsee eingeleitet. Diese Mengen sollen, so die Helcom-Staaten, ab 2016 um 13 Prozent (Stickstoff) beziehungsweise um 43 Prozent (Phosphor) gesenkt werden. Jedem Land wird dabei ein Reduktionsziel zugewiesen.

Jochen Lamp, der Ostseeexperte des WWF, ist enttäuscht: "Der Kampf gegen die sauerstoffarmen Todeszonen in der Ostsee wird vertagt. Das ist untragbar. Die Helcom-Staaten wollen bis 2021 eine gesunde Ostsee erreichen. Dieses Ziel wird mit dem heute beschlossen Aktionsplan verfehlt. Es reicht nicht, den schwerkranken Patienten zu vertrösten, um ihn dann in der Zukunft ein paar Pflaster aufzukleben." Zwar stimme die Richtung, doch zur Rettung der Ostsee müsse die Überdüngung drastischer und schneller verringert werden. Zudem seien die beschlossenen Reduktionsziele unverbindlich.

Schon heute leidet ein Sechstel des Meeresbodens in Folge von Überdüngung und Algenblüten an Sauerstoffmangel. Diese sogenannten Todeszonen machen eine Fläche von 70.000 Quadratkilometern aus. Wie dramatisch die Situation ist, zeigt der diesjährige Zustandsbericht über die schwedische Ostsee "Havet 2007", der ebenfalls gestern veröffentlicht wurde: Die sogenannten Todeszonen erreichen eine neue Rekordmarke, unter 80 Meter Meerestiefe sei kein Leben mehr.

Der Krakauer Oberbürgermeister war dennoch stolz. Denn seine Stadt ist dank neuer Kläranlagen die erste Metropole Polens, die fast keine ungeklärten Abwässer mehr über die Weichsel in die Ostsee leite. "Krakau kann damit von der unrühmlichen Liste der größten Ostseeverschmutzer gestrichen werden." GABRIELE LESSER

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