Dänen wegen Farc-Symbolen vor Gericht: Mit T-Shirts in die Terrorfalle
Sieben Dänen drohen bis zu zehn Jahre Haft. Sie verkauften T-Shirts mit Farc- und PFLP-Aufdrucken. Einer von ihnen bestreitet, dass es sich um Terror-Vereinigungen handelt.
Preben Mikkelsen ist "Pølsemand". Von seinem fahrbaren Pølsevogn in der Nähe des Kopenhagener Krankenhauses aus verkauft er die leuchtend rot eingefärbte dänische Version von Wienern und Frankfurter Würstchen. Die dänische Staatsanwaltschaft verdächtigt den 56-jährigen Würstchenverkäufer nun, sich außer mit Pølsern, Senf, Ketchup und weichen Brötchen auch mit Terrorgeschäften befasst zu haben. Weil er im Januar letzten Jahres ein Plakat an seinen Pølsevogn gehängt hatte, auf dem die Firma "Fighters + Lovers" für T-Shirts warb.
Seit September steht der Pølsemand zusammen mit sechs anderen Dänen wegen dieser T-Shirts vor Gericht. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft. Sie sollen gegen das Antiterrorgesetz verstoßen haben. Der Überschuss aus dem Verkauf der T-Shirts, die mit den Symbolen der kolumbianischen Farc-Guerilla und der palästinensischen Befreiungsfront (PFLP) bedruckt waren, sollte nämlich an diese Organisationen gehen.
Nach dem dänischen Antiterrorgesetz ist die finanzielle Hilfe für terroristische Organisationen eine "Unterstützung von Terrorismus". Was Terrororganisationen sind, dafür verweist die Justiz pauschal auf die EU-Terrorliste: Dort sind sowohl Farc wie PFLP aufgeführt. Dass das eingesammelte Geld nicht für Waffen oder Munition, sondern für ein Mikrofon für die Farc-Radiostation und die Plakatdruckerei der PFLP bestimmt war, soll keine Rolle spielen.
Bobby Schultz, der anders heißt, aber so genannt werden will, weil er um die Sicherheit seiner Kontakte in Kolumbien fürchtet, hatte begonnen, sich bei Fighters + Lovers zu engagieren, nachdem er als "Friedenswacht" in Palästina 2002 Augenzeuge geworden war, wie zwei von israelischen Soldaten bei der Feldarbeit angeschossene Palästinenser verbluteten, weil das Militär die herbeigerufenen Ambulanzen nicht passieren ließ. Diese Menschen wollte er zumindest finanziell unterstützen. Aber natürlich auch ein politisches Signal setzen. Die T-Shirts waren ein Weg dazu. Fighters + Lovers erreichten Bestellungen aus ganz Europa, dem Nahen Osten, Australien, den USA und Südamerika. Und als die Polizei zwei Monate nach Verkaufsbeginn zuschlug, war die gesamte erste Kollektion bis auf acht Exemplare verkauft. 3.200 Euro Verkaufserlös wurden beschlagnahmt.
Bobby Schultz beruft sich gegenüber der Anklage auf sein Notwehrrecht. Und dieses Widerstandsrecht müsse man vom Begriff des Terrorismus trennen. Israel übe eine völkerrechtswidrige Besatzungspolitik aus. Die kolumbianische Regierung habe in den letzten Jahrzehnten mindestens 20.000 politische Gegner ermorden lassen. "Farc und PFLP sind damit eine Konsequenz aus einem staatlichen Terror gegen die Zivilbevölkerung", meint Schultz. Widerstand gegen eine illegitime Staatsgewalt dürfe das Antiterrorgesetz nicht verhindern.
Das Kopenhagener Parlament hat in die Materialien zur Antiterrorgesetzgebung tatsächlich einen Satz eingebaut, der den Begriff des Terrorismus im Hinblick auf einen "legitimen Staat" definiert: Ein solcher baue seine Existenz auf grundlegenden Menschenrechten auf, wie Gleichheit, Freiheit, Solidarität, und fundamentalen demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien. In Erinnerung war den dänischen ParlamentarierInnen dabei nicht nur die Geschichte der Widerstandsbewegung des eigenen Landes gegen die deutsche Nazi-Besatzung, sondern beispielsweise auch die Hilfe, die die südafrikanische Befreiungsbewegung beim Kampf gegen das Apartheidregime einst gerade von Dänemark erhalten hatte: Eine solche sollte auch in Zukunft nicht verboten sein.
Als "willkürlich" kritisierte Dick Marty, Europarat-Ermittler für die illegalen Aktivitäten des US-Geheimdienstes CIA, die Terrorliste der EU erst vergangene Woche wieder in einem Rapport. Es finde eine Kriminalisierung ohne Kontrolle statt. Auch völlig unbescholtene Bürger seien auf der Liste gelandet.
Die als EU-Verordnung vom 27. Dezember 2001 erstmals erlassene "Terrorliste" versteht Brüssel als Umsetzung der UN-Sicherheitsratsresolution 1373 ("Antiterrorresolution"). Ziel sei es, Terroristen die wirtschaftlichen Ressourcen zu entziehen. Die gegenwärtige Fassung zählt 54 Personen und 50 Gruppierungen. Die Farc und die PFLP sind auf dieser Liste enthalten. Eine Begründung gibt es dafür nicht.
Die bisherige Beweisaufnahme zeigte, wie schwierig ein solches Urteil über Terrorismus oder legitimen bewaffneten Widerstand in der Praxis werden kann. Für die Verteidigung sagte beispielsweise Ilan Pape, jüdischer Literat und Historiker an der Universität Haifa, aus: Die PFLP habe seit den Siebzigerjahren dem Terror abgeschworen. Die Staatsanwaltschaft bezieht sich auf israelische Geheimdienstmaterialien, um das Gegenteil zu beweisen. Die Verteidigung holte als Zeugen den venezolanischen Parlamentarier und Vizepräsidenten des gemeinsamen lateinamerikanischen Parlaments (Parlatino), Amilcar Figueroa, der über Willkür, Rechtsunsicherheit und Verfolgung von Regimegegnern berichtete. Die Anklagebehörde bezog sich auf Zeugenaussagen verurteilter Farc-Mitglieder, die man über kolumbianische Behörden erhalten hatte und deren Beweiswert die Verteidigung bestritt, weil sie womöglich unter Foltereinsatz zustande gekommen seien. Inwieweit sich die Fighters + Lovers strafbar gemacht haben könnten, hängt laut deren Rechtsanwalt Thorkild Høyer von der Beurteilung der demokratischen und rechtlichen Situation in Palästina und Kolumbien ab.
Die T-Shirt-Verkäufer haben breite Solidarität erfahren. Der Gewerkschaftsverband 3-F hat Fighters + Lovers vergangene Woche seinen "Kultur- und Solidaritätspreis" verliehen. Die Gewerkschaft der Holz- und Bauarbeiter hat ebenso wie verschiedene örtliche Gewerkschaftsgruppen der Farc öffentlich Geldspenden überwiesen. Das hat auch die "Horserød-Stutthof Foreningen", eine Vereinigung ehemaliger Widerstandkämpfer und KZ-Insassen, bereits im vergangenen Jahr getan. Sie informierte davon das Justizministerium. Und wartet bis heute auf eine Anklage.
Mit einem Urteil wird kommende Woche gerechnet.
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