Raumsonde erkundet Venus: Die heiße Version der Erde

Blitze, Luftströme, Treibhauseffekt: Die von der Sonde "Venus Express" überlieferten Daten zeigen, dass es auf dem Zwillingsplaneten der Erde ähnliche Klimaeffekte gibt wie bei uns.

Ungemütliche: So könnte ein Blitzgewitter auf der Venus aussehen. Bild: ap

Ap/dpa/taz Unser Nachbarplanet Venus ist der Erde ähnlicher als bislang vermutet, und das trotz eines Höllenklimas und einer Wolkendecke aus Schwefelsäure. Die europäische Raumsonde Venus Express entdeckte Blitze und Wolkenwirbel am Südpol, wie die Europäische Raumfahrtagentur ESA in Paris bekannt gab. Auch das Ausmaß eines von Kohlendioxid verursachten Treibhausgaseffekts konnten die Forscher genauer bestimmen.

Seit fast drei Jahrzehnten vermuten Wissenschaftler, dass es auf dem Planeten blitzt. Jetzt hat "Venus Express" den Nachweis erbracht - die Sonde spürte mit einem Magnetoskop erstmals elektromagnetische Wellen am Rand der Atmosphäre auf. Die Blitze auf der Venus schießen von Wolke zu Wolke in einer Höhe von rund 56 Kilometern über der Planetenoberfläche.

"Wir haben sie noch nicht gesehen, aber wir haben ihre Existenz bewiesen", sagte Dimitry Titov, der am Max-Planck-Institut in Katlenburg-Lindau für die Europäische Weltraumagentur (ESA) forscht. "Es gibt etwa 100 Blitze pro Tag, so viele sind es auch auf der Erde." Laut der berühmten "Ursuppen-Theorie" haben Blitze das Leben auf unserem Heimatplaneten entstehen lassen: Gewitter sollen im Ozean Reaktionen angeregt haben, die zur Bildung von Aminosäuren führten, den Bausteinen des Lebens. Nicht so auf der Venus: "Für flüssiges Wasser ist es dort mit rund 450 Grad zu heiß", erklärt Titov. "Dafür herrscht in der Wolkenschicht mit 0 bis 20 Grad Zimmertemperatur." Schuld an der Höllenhitze auf dem Planeten ist der immense Treibhausgaseffekt, weil die Atmosphäre rund hundert Mal dichter ist als auf der Erde. Er sorgt dafür, dass die Temperaturen auf dem Weg zur Oberfläche um 8 Grad pro Kilometer ansteigen.

Erklärtes Ziel der 220 Millionen Euro teuren ESA-Mission: "Venus Express" sollte erkunden, warum der erdnahe Planet sich in den vergangenen vier Milliarden Jahren so anders entwickelt hat als die in Größe und Masse so ähnliche Erde. Schließlich hatten noch vor 50 Jahren ernstzunehmende Wissenschaftler geglaubt, auf der Venus gebe es Meere und Erdteile und vielleicht auch Pflanzen und Tiere.

Der Start von "Venus Express" Ende 2005 war ein wichtiger Meilenstein, da seit Anfang der Neunzigerjahre keine Sonde mehr eigens zur Exploration dieses Planeten unterwegs war.

Die neuesten Forschungsergebnisse aus dem ersten Missionsjahr heben nicht nur die einzigartige Stellung der Venus innerhalb des Sonnensystems hervor. "Sie zeigen auch, dass die Gemeinsamkeiten unseres Nachbarplaneten mit der Erde größer sind als zunächst angenommen", erklärte die ESA.

So fanden die Forscher neben dem bereits bekannten Wirbelwind am Nordpol auch einen Wolkenstrudel am Südpol. Er hat einen Durchmesser von 4.000 bis 5.000 Kilometern und dreht sich in zweieinhalb Tagen einmal um sich selbst. "Eine vergleichbare Luftzirkulation gibt es auch in den tropischen Regionen der Erde", sagte Titov. "Ob Treibhausgaseffekt, Blitze oder Luftströme: Wir entdecken immer mehr gleiche Phänomene, die aber auf der Venus exotische Formen annehmen."

Der zweitinnerste Planet des Sonnensystems hat fast dieselbe Masse wie die Erde und ist mit einem Durchmesser von 12.100 Kilometern fast genauso groß. Der auch als Morgen- oder Abendstern bezeichnete Planet kreist in knapp 225 Tagen um die Sonne. Er dreht sich aber viel langsamer um sich selbst: Ein Venustag dauert 243 Erdentage.

"Venus Express" wird nach derzeitiger Planung noch einige Jahre um den Erdzwilling kreisen, in zwei Jahren startet zudem eine japanische Mission. Bis dahin hofft die ESA, die ersten Bilder von Venusblitzen geschossen zu haben.

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