Spreepark: Die Cowboys werden abgeschossen

Die Bewohner des Westerndorfs im Spreepark müssen ausziehen - dabei ist unklar, was aus dem früheren Vergnügungspark im Plänterwald wird. Studenten wollen ein Ökoparadies mit Permakultur aufbauen. Doch das Land sucht lieber einen Investor.

Im Spreepark im Plänterwald werden bald die letzten Lichter gelöscht. Die zehn Bewohner des Westerndorfes in dem seit 2001 verwaisten Vergnügungspark müssen bis Mai ihre Holzbuden im idyllischen Wald in Treptow abbauen und ausziehen. So hat es jetzt das Berliner Kammergericht in letzter Instanz entschieden. Es gab damit einer Klage des Landes Berlin statt.

Der insolvente Spreepark-Betreiber Norbert Witte war Ende 2001 in einer Nach-und-Nebel-Aktion mit den Fahrgeschäften nach Peru durchgebrannt. Seitdem ruht das Areal in einem sprichwörtlichen Dornröschenschlaf hinter Hopfenhecken, zerstörten Kassenhäuschen und maroden Zäunen. Achterbahn und Kaffeekannenkarussell haben Rost und Moos angesetzt.

Das Land hat bislang keinen Märchenprinzen finden können, der den Spreepark wachküsst und einen neuen Vergnügungspark baut. Verhandlungen mit Interessenten aus Süddeutschland, Frankreich und Dänemark scheiterten. Denn das Land Berlin hat eine 11 Millionen Euro teure Dornenhecke um den Spreepark gebaut: So hoch sind die Schulden, mit denen Norbert Witte das Grundstück beliehen hat. Und die soll zahlen, wer das Grundstück kauft.

"Es ist schwierig, ein Grundstück mit einer so hohen Schuld zu verkaufen", sagt Irina Dähne vom Liegenschaftsfonds. "Aber natürlich wird der Verkauf jetzt leichter, nachdem gerichtlich geklärt ist, dass Westerndorfbetreiber Rolf D. und seine Untermieter räumen müssen." Der Liegeschaftsfonds verhandelt weiter im Auftrag des Landes mit Investoren "die mit der Grundschuld umgehen können", so Dähne.

Die Grünen wollen keinen Märchenprinzen und fordern stattdessen, den Festplatz mitten im Wald zu renaturieren. Als deren wirtschaftspolitische Sprecherin Lisa Paus den Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) mit der Forderung konfrontierte, hat er laut Paus Angaben geantwortet, "die Renaturierung passiere schließlich von allein, wenn man das Grundstück 15 Jahre lang nicht anguckt. Jede andere Lösung sei zu teuer. Und in 15 Jahren könne man weitersehen." Immerhin: Im Märchen hat es 100 Jahre gedauert.

Für die Linkspartei-Abgeordnete Jutta Matuschek, in deren Wahlkreis der Spreepark liegt, ist die Zukunft des Parks mit der Räumung überhaupt nicht gelöst. Sie fordert, "dass Berlin die Grundschulden übernimmt, um wieder die Verfügungsgewalt über das Grundstück zu bekommen". Dann wäre die Dornenhecke weg, und es bedürfe keines Märchenprinzen. "Nur dann hat der Park eine Zukunft." Schließlich koste der marode Park das Land Monat für Monat zehntausende Euro für Sicherungsarbeiten. "Je eher ein Schlussstrich, desto preiswerter."

Dabei betreiben gerade in dem jetzt zu räumenden Westerndorf Menschen ein Büro, die einmal große Märchenprinzen werden wollen. Seit knapp einem Jahr kreieren dort Studenten der privaten Permakulturakademie im niedersächsischen Huntlosen die Idee eines Permakulturzentrums inklusive der ersten staatlich anerkannten Hochschule für Permakulturdesign in Deutschland. Permakultur ist aus der ökologischen Landwirtschaft hervorgegangen und zielt auf Wirtschaften mit erneuerbaren Energien und naturnahen Stoffkreisläufen. Dass sich im Park die Natur gerade ein Stück Stadtraum zurückerobert, ist für die Studenten das eigentlich Spannende am Plänterwald, das sie von dort aus erforschen und vermitteln wollen. Auch das Riesenrad soll sich nach ihren Plänen wieder drehen und auf dem Theaterplatz ökologisches Wissen an die Berliner vermittelt werden.

In das jetzt zu räumende Westerndorf sollte eigentlich die Verwaltung des Permakulturzentrums einziehen - der Traum ist ausgeträumt. Anders als im Märchen führt der Weg in Dornröschens Turm nur über einen finanzstarken Investor. "Wir bemühen uns weiter um eine Lösung und sind eigentlich auch zuversichtlich", sagt Tobias Mosner von der Projektgruppe. Aber den Märchenprinzen zu finden ist den Ökofreunden bislang noch nicht gelungen.

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