Streit über Wahlankündigung: Regierungskrise in Serbien

Die prowestliche Demokratische Partei kündigt an, am im Januar Präsidentenwahlen abzuhalten - und verschärft so Spannungen in der Koalition.

Koalition gespalten: Serbiens Präsident Tadic und Premier Koðtunica Bild: dpa

"Die Präsidentschaftswahlen in Serbien werden am 20. Januar 2008 stattfinden", erklärte Parlamentspräsident Oliver Dulic am Mittwochabend. Damit beendete er einen monatelangen Streit, wann und ob überhaupt wegen der Kosovo-Krise Wahlen abgehalten werden sollen. Die Ankündigung löste eine Krise in der regierenden Koalition aus.

Die national-konservative Demokratische Partei Serbiens (DSS) von Premier Vojislav Koðtunica warf der prowestlichen Demokratischen Partei (DS) von Staatspräsident Boris Tadic vor, "das Koalitionsabkommen verletzt zu haben", das einen Konsens bei allen wichtigen Entscheidungen vorsehe. Die DSS beschuldigte Dulic, als DS-Funktionär und nicht als Parlamentspräsident im Alleingang die Wahlen ausgeschrieben zu haben. Außerdem sei die Prozedur verfassungswidrig, da die notwendigen Wahlgesetze immer noch nicht verabschiedet worden seien, behaupten Rechtsexperten der DSS. Die DS wies alle Vorwürfe zurück.

Die Festsetzung des Wahltermins erhöht die Spannungen in der ohnehin durch die Kosovo-Frage gespaltenen Regierungskoalition. Die DSS vertritt den Standpunkt, dass Wahlen nicht stattfinden sollen, solange Serbien für die Erhaltung seiner territorialen Integrität und die Verteidigung des Kosovo kämpfe. Die Partei des Premiers ist bereit, diplomatische Beziehungen zu jenen Staaten abzubrechen, die "entgegen dem internationalen Recht" die seit 1999 von der UNO verwaltete Provinz anerkennen. Einzelne DSS-Funktionäre sprechen von einem Militäreinsatz als legitimem Mittel zur Verteidigung der serbischen Interessen in der Kosovo-Frage.

Wenn die EU Serbien aufnehmen möchte, dann nur als einen einheitlichen Staat samt Kosovo, erklärte Koðtunica. Es sei eine Beleidigung für die Würde Serbiens, wenn Brüssel Belgrad irgendwelche Kompensationen für die unilaterale Unabhängigkeit des Kosovo anbiete.

Auch einige EU-Staaten hatten bei Tadic darauf gedrängt, einen Wahltermin festzulegen. Die Hoffnung ist, Prishtina so länger von der Ausrufung der Unabhängigkeit abzuhalten, die Tadics Chancen bei den Wahlen verringern würden. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn kündigte gestern an, dass die EU erst im kommenden Frühjahr über den endgültigen Status des Kosovo entscheiden wolle.

Nachdem Tadic jetzt die Initiative ergriffen hat, liegt der Ball wieder bei Koðtunica. Mit der SRS hätte die DSS eine komfortable Mehrheit im Parlament, um die Macht auch ohne vorgezogene Wahlen zu übernehmen. Diese patriotische Koalition hätte die Verteidigung des Kosovo zum Ziel, auch wenn das zu einer Isolation vom Westen führen würde. Koðtunica hat auch die Möglichkeit, die Präsidentschaftswahlen zu boykottieren und den SRS-Kandidaten, Tomislav Nikolic, zu unterstützen. Serbien steht eine Konfrontation zwischen europäischen und antieuropäischen Kräfte bevor. Die Entscheidung darüber werden die Bürger bei der Wahl treffen.

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