Initiative zur Schadensbegrenzung : Siemens will Gnade

Die Unternehmensführung traf Fahnder der US-Börsenaufsicht. Vermutlich mit dem Versuch, sie milde zu stimmen. In München sollen Wirtschaftsprüfer bei der Arbeit behindert worden sein.

Aufsichtsratsvorsitzender Gromme (li.) und Vorstandschef Löscher versuchen zu retten, was zu retten ist. Bild: dpa

MÜNCHEN rtr/dpa/taz Die neue Führung des Münchner Siemens-Konzerns hat nach Medienberichten am Montag in den USA die US-Börsenaufsicht SEC getroffen. Dabei dürften Siemens-Chef Peter Löscher und Aufsichtsratsvorsitzender Gerhard Cromme versucht haben, die im Schmiergeldskandal ebenfalls ermittelnde US-Behörde milde zu stimmen. Branchenkenner fürchten ein hohes Bußgeld der Börsenaufsicht, das mehrere Milliarden Euro betragen könnte. Siemens wollte das Treffen nicht bestätigen.

Über die Affären des Konzerns sind zahlreiche Topmanager bereits gestolpert. Seit Mitte 2007 ist Löscher der erste Chef, der nicht bei Siemens groß geworden ist. Die Münchner selbst haben bisher rund 1,3 Milliarden Euro dubiose Zahlungen identifiziert, die auf Korruption hindeuteten.

Wie die Süddeutsche Zeitung am Montag berichtete, soll Siemens die Arbeit der Wirtschaftsprüfer im eigenen Haus vor der Aufdeckung der Schmiergeldaffäre erschwert haben. Ein Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsfirma KPMG habe als Zeuge bei der Münchner Staatsanwaltschaft ausgesagt, Siemens habe im April 2006 eine konzerninterne Finanzprüfung gestoppt. Außerdem habe Siemens Nachforschungen der KPMG abwürgen wollen, so der Verdacht des Zeugen.

Der Spiegel berichtet, auch über eine Schweizer Tochter des Konzerns seien bereits zwischen 2002 und Anfang 2006 fragwürdige Zahlungen in Höhe von rund 26 Millionen Euro geflossen. Betroffen sei vor allem die ehemalige Mobilfunksparte (ICM) des Konzerns. Dies gehe aus einem bisher unveröffentlichten Bericht von KPMG hervor, die Anfang 2006 die Intercom Telecommunications Systems durchleuchten sollte. Nach Erkenntnissen der KPMG habe Intercom hauptsächlich die Aufgabe gehabt, Beraterverträge mit dubiosen Geschäftspartnern zu verwalten, heißt es im Spiegel. Mutmaßliche Siemens-Schmiergelder seien dem 119-seitigen Bericht zufolge über die Intercom mithilfe von Briefkastenfirmen in Liechtenstein, Panama und den British Virgin Islands an Empfänger in aller Welt geschleust worden.

KPMG hatte jahrelang für Siemens gearbeitet. Inzwischen sieht sich der krisengeschüttelte Elektrokonzern nach einem neuen Wirtschaftsprüfer um. Eine Schuld an der Misere gibt Siemens KPMG aber ausdrücklich nicht.

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