Volksbegehren gegen Wasserprivatisierung: "Das Fernsehen ignoriert uns"

Viele Berliner wissen nichts vom Volksbegehren gegen die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe, sagt Mitinitiator Thomas Rudek.

Kaltes, klares Wasser fließt aus privatisierten Hahn Bild: AP

taz: Herr Rudek, können Sie in zwei Sätzen erklären, worum es in dem Volksbegehren "Unser Wasser" geht?

Thomas Rudek: Seit der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe 1999 sind die Preise massiv gestiegen, die Berliner zahlen im bundesdeutschen Vergleich die höchsten Wasserpreise. Die Gründe dafür liegen in einem geheimen Vertrag zwischen dem Land Berlin und den Konzernen RWE und Veolia. Wir wollen erreichen, dass dieser in vielen Passagen umstrittene Vertrag einer öffentlichen, juristisch unabhängigen Überprüfung unterzogen wird. Nur so schaffen wir die Voraussetzungen, um die Teilprivatisierung rückgängig zu machen.

Das waren deutlich mehr als zwei Sätze. Verstehen die Leute auf der Straße, was Sie wollen?

Eigentlich verstehen die Menschen, dass sie durch so einen Vertrag informativ entmündigt werden. In so einem elementaren Bereich wie der Wasserversorgung hat Geheimhaltung nichts zu suchen - darin sind sich alle Bürger einig.

Sie sagen "eigentlich": Gibt es Schwierigkeiten?

Anfangs haben wir gleichzeitig noch Unterschriften für die Volksbegehren gegen Studiengebühren und für ein strikteres Sparkassengesetz gesammelt. Die Passanten gleichzeitig von drei Volksbegehren zu überzeugen, war sehr aufwendig; in der Zeit gingen zehn, zwanzig Leute an unserem Stand vorbei, die wir nicht erreichen konnten. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf das Volksbegehren Wasser.

Was genau ist an dem Vertrag zwischen dem Land und den Konzernen umstritten?

RWE und Veolia halten 49,9 Prozent der Anteile. Trotzdem haben sie die alleinige Geschäftsführungskompetenz. Das Land verzichtet zugunsten der privaten Konzerne auf einen Großteil seines Gewinns. Das ist nur informell bekannt und wird formal juristisch nicht offengelegt. Der eigentlich Knackpunkt ist eine Klausel, die RWE und Veolia außerhalb des Rechtsstaates stellt. Würde etwa per Gesetz eine Anhebung der Wasserpreise verboten, dürfte dieses Gesetz nicht zum Nachteil der Konzerne angewendet werden. Die Konzerne erhalten so eine privilegierte Rolle; sie werden von jeglichen juristischen und gesetzlichen Auflagen freigestellt.

Haben die Menschen, die Sie ansprechen, vorher schon etwas von dem Volksbegehren gehört?

Es gibt oft die Reaktion: "Wieso haben wir denn davon noch nichts im Fernsehen gesehen oder in der Zeitung gelesen?" Das Thema unseres Volksbegehrens ist noch gar nicht in den Köpfen der Leute. Viele sind dankbar, dass sie von uns darüber informiert werden.

Warum ist das Volksbegehren in den Medien nicht präsent?

Das RBB-Fernsehen zum Beispiel ignoriert uns aufgrund politischer Vorbehalte. Bei der bürgerlichen Presse wie dem Tagesspiegel vermute ich, dass RWE und Veolia mächtige Anzeigenkunden sind - das wirkt sich nicht unbedingt positiv auf eine unabhängige Berichterstattung aus. Das Volksbegehren zum Flughafen Tempelhof dagegen wird in den Medien gepuscht. Es wäre wirklich angebracht, dass sich die Medien auch derjenigen Volksbegehren annehmen, die von Bürgerinitiativen gestartet werden und hinter denen keine konservativen Interessen und Geschäftsinteressen stehen.

Wie viele Unterschriften hat Ihre Initiative bereits?

Wir haben jetzt 22.000. Da man immer mit einem Drittel ungültiger Unterschriftsbögen rechnen muss und wir 20.000 gültige Bögen brauchen, visieren wir 30.000 an.

Ist es nicht gerade verdammt kalt auf der Straße?

Durch den Kälteeinbruch ist es schwer, Freiwillige zu finden. Anfangs waren wir zwischen 20 und 30 Leute, jetzt sind es um die 15.

Wie lange wollen Sie noch sammeln?

Bis zum 31. Januar wollen wir die 30.000 Unterschriften zusammen haben und sie in der ersten Februarwoche dem Landeswahlleiter übergeben.

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