Bayern wollen lieber gratis studieren

KOALITION 1,3 Millionen Unterschriften für Volksbegehren. FDP und CSU streiten über die nächsten Schritte

„Der direkte Weg in den Volksentscheid ist unserer Überzeugung nach der sauberste“

FDP-FRAKTIONSCHEF HACKER

AUS MÜNCHEN MARLENE HALSER

Rund 1,3 Millionen Menschen haben sich in den vergangenen zwei Wochen in die Liste für das Volksbegehren gegen Studiengebühren eingetragen – 14,4 Prozent der bayerischen Wahlberechtigten. Damit erhielt die Liste über 300.000 Unterschriften mehr als für das Quorum von 10 Prozent notwendig war, wie das Landesamt für Statistik am Donnerstag mitteilte. Das Ergebnis ist ein Erfolg für die Opposition in Bayern. Für die Regierungskoalition aus CSU und FDP könnte es zur Zerreißprobe werden.

Nun muss die Staatsregierung in München innerhalb von vier Wochen Stellung dazu nehmen, ob sie die Studiengebühren abschaffen will. Danach hat der Landtag drei Monate Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Sollte er diese Frist verstreichen lassen, folgte automatisch ein Volksentscheid.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) möchte das Bezahlstudium am liebsten so schnell wie möglich loswerden. Grund: Bei Umfragen haben sich zwei Drittel bis drei Viertel aller Bewohner für ein Ende der Studiengebühren ausgesprochen. Der Koalitionspartner FDP hält jedoch an der Abgabe fest und verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem diese festgeschrieben steht.

„Meine Haltung zu den Studiengebühren bleibt auch nach Ausgang des Volksbegehrens die gleiche wie zuvor: Die Studiengebühren werden abgeschafft – durch den Landtag oder durch das Volk!“, sagte Seehofer. FDP-Fraktionschef Thomas Hacker kündigte an, die Gespräche mit der CSU wieder aufzunehmen – schloss zugleich aber aus, dass seine Partei einlenken werde: „Unsere Überzeugung ist es, dass der direkte Weg in den Volksentscheid der sauberste ist und den Bürgerinnen und Bürgern den größtmöglichen Respekt zollt.“

Damit ist die CSU in der Klemme. Unter Ausschöpfung aller Fristen würde das Volksbegehren im September stattfinden – also just dann, wenn die bayerischen BürgerInnen auch zur Landtags- und Bundestagswahl aufgerufen sind. Für das Volksbegehren einen dritten Termin zu veranschlagen, dürfte zu teuer werden. Wenn die Abstimmung aber mit einer der beiden Wahlen (Landtag am 15. und Bundestag am 22. September) zusammenfällt, wäre das für die WählerInnen von SPD, Grünen, Freien Wählern und Piraten ein Grund mehr, zu den Urnen zu gehen.

Die bayerischen Grünen im Landtag drängen ebenfalls auf eine schnelle Entscheidung. „Wir wollen, dass die Studierenden schon zum Wintersemester 2013/14 von den unsozialen Gebühren befreit werden“, fordert deren hochschulpolitische Sprecherin, Ulrike Gote. Grüne, SPD und Freie Wähler beraten derzeit über einen gemeinsamen Gesetzentwurf.

Der CSU geht es darum, die Diskussion möglichst schnell zu beenden. In einer internen Sitzung soll Landtagspräsidentin Barbara Stamm den 21. Februar als Tag der Entscheidung genannt haben, wie der Münchner Merkur berichtet. Das wäre die Chance für die Staatsregierung, dem Volk zuvorzukommen und die Studiengebühren selbst abzuschaffen.

Dagegen sträubt sich die FDP, die dringend eigene Themen besetzen muss, um ihm Wahlkampf ihr Profil zu schärfen. Lässt sich die FDP nicht umstimmen, müsste die CSU wegen des Koalitionsvertrags – gegen ihre eigene Überzeugung – gegen die Abschaffung der Studiengebühren votieren. Der Volksentscheid käme dann schon im Mai.