Gescheiterte Verfassungsbeschwerde: Kein Sorgerecht

Ein Türke darf sein Kind nicht großziehen, nachdem die Mutter vermutlich von seiner Familie erschossen wurde - aus Gründen der Ehre.

Verfassungsbeschwerde abgewiesen Bild: dpa

FREIBURG taz Ein Türke, der möglicherweise in den "Ehrenmord" an seiner früheren Freundin verwickelt war, bekommt nicht das Sorgerecht für das gemeinsame Kind. Gestern scheiterte auch seine Verfassungsbeschwerde.

Der Türke hatte eine längere nichteheliche Beziehung mit einer Deutschitalienerin, aus der der 2003 geborene Junge stammt. Nach zunehmenden Streitigkeiten trennte sich die Frau allerdings im Sommer 2005 von dem Türken. Dieser wollte das nicht akzeptieren, bedrängte und schlug sie. Der Konflikt eskalierte, als die Frau eine neue Beziehung einging. Nun drohte ihr der Türke damit, er werde sie töten.

Tatsächlich wurden die 32-jährige Frau und ihr Freund an Silvester 2005 auf offener Straße in Iserlohn durch Kopfschüsse getötet. Ein Verwandter des neuen Freundes überlebte die Bluttat schwer verletzt. "Du Schlampe", hatte der Mörder gerufen, bevor er schoss, so die Feststellungen der Polizei.

Ein Mordprozess beim Landgericht Hagen endete ein Jahr später ohne Ergebnis. Angeklagt war der 38-jährige Bruder des Türken, weil an seinen Händen und seiner Kleidung nach der Tat Schmauchspuren gefunden wurden. Sachverständige konnten die Spuren aber nicht eindeutig der Tat zuordnen. Das Gericht ging am Ende zwar davon aus, dass es sich um einen Mord zur vermeintlichen "Wiederherstellung der Familienehre" handelte, konnte die Tat aber keinem Familienmitglied mit ausreichender Gewissheit nachweisen. Nach dem Gericht kommen als Täter nur der Vater des Kindes, der freigesprochene Bruder und ein Schwager in Betracht.

Der inzwischen vierjährige Sohn lebt heute in einem Heim, eine Pflegefamilie wird gesucht. Der Türke pochte allerdings darauf, dass nach dem Tod der Mutter das Sorgerecht typischerweise auf den Vater übergehe.

Dies lehnte das Oberlandesgericht Hamm allerdings ab, ohne dem Türken den Tod der Mutter direkt vorzuwerfen. Vielmehr hielten die Richter dem Vater vor, dass er die Traumatisierung und damit auch die Therapiebedürftigkeit seines Sohnes verneine. Die Übertragung des Sorgerechts auf den Vater verstoße deshalb gegen das Kindeswohl.

Der Sohn hatte seine tote Mutter auf der Straße liegen sehen, als er von der Polizei aus einem nahegelegenen Haus geführt wurde. Außerdem wurde dem Vater vorgeworfen, dass er die Kontakte zu Verwandten der Mutter, insbesondere den beiden Großmüttern, nicht gewährleisten wolle. Das Bundesverfassungsgericht konnte in dieser Entscheidung keine Rechtsfehler erkennen und lehnte die Verfassungsbeschwerde des Türken rundweg ab. Dieser muss sich nun mit seinem Besuchsrecht begnügen. Az.: 5 UF 57/07

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.