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Wie immer in der (neueren) Geschichte der SPD fällt es dieser Partei, eigene und von der verordneten Parteilinie abweichende Meinungen zu verkraften, ob diese nun eher links oder rechts von der SPD-Standardmeinung ist. Diese Einstellung findet sich in kaum einer Partei sonst so, da die anderen nicht nur in "Freund/Feind"-Bildern, wie die SPD, denken. Das ist schade, Ausdruck eines sozialistischen nivellierenden Weltbildes, das die Sozialdemokratie im Sinne der großen "Alten" der SPD entstellt. Der einzige Vorwurf an Clement ist der, dass er den Zeitpunkt seiner Kritik falsch (und illoyal) gewählt hat. In der Sache geht es jedoch um mehr als nur Lobbyismus!
Meine Meinung: Clement bleibt seiner Überzeugung treu, und die liegt vor allem auf seinem Bankkonto. Es sei denn, er ist eine Art "Undercover Agent" für eine Sache, deren Sinn sich auf den ersten Blick nicht weiter erschliessen lassen will. Oder tun wir ihm alle unrecht? Sind Clements Wege unergründlich? Oder glaubt er am Ende tatsächlich, was er sagt? Vorschlag: Kernenergie ja - sobald sich ein Haftpflichtversicherer findet, der das Risiko voll versichert.
Nun. Mich bestärkt dieses Drama in der These, daß wir inzwischen eine Gesellschaft geschaffen haben, die vor allem Menschen mit ausgeprägten sozipathischen Tendenzen optimale Aufstiegschancen bietet. Das ist schon mehr als nur opportunistisch oder Reaktionär. Da war doch mal einer, Kant hieß der, der erzählte was von kategorischer imperativ und so. Es macht wirklioch langsam keinen Spaß mehr. Pfui Herr Clement.
Glückwunsch Herr Kreutzfeldt! Da braucht man nichts mehr hinzuzufügen, außer das man sicher noch abwarten muß, ob und wenn ja, wie sich dies auf das Wahlergebnis auswirkt.
Clement bleibt seiner Überzeugung treu, was nur
wenige Politiker von sich sagen können. Und in der
Sache hat er eh recht. Das gute ist doch, dass bei
unseren europäischen Nachbarn die Atomenergie als
Zukunftsenergie angesehen wird, und wir werden auch
daran teilhaben, indem wir den Atomstrom dann ein-
fach da kaufen, wo er produziert wird. Die Anti-
atombewegung ist endlich am Ende, und das ist auch gut so.
Die AfD hat längst eine kritische Größe erreicht und sitzt in Machtpositionen. Der Antrag auf ein Parteiverbot kommt eher zu spät als zu früh.
Kommentar Clement-Streit: Amoklauf eines Lobbyisten
Mit seinem Rat, in Hessen nicht SPD zu wählen, hat Ex-Parteivize Clement die Parteispitze gezwungen, sich hinter Ypsilanti zu stellen - und damit gegen Kohle und Atom.
Ein ehemaliger Parteivize, der im Endspurt eines Wahlkampfs davor warnt, die eigene Partei zu wählen: Das ist in dieser Form wohl einmalig. Für Wolfgang Clement ist es allerdings nur konsequent, wenn er als RWE-Aufsichtsrat heute ohne Rücksicht auf Verluste gegen die Energiepolitik der SPD wettert. Schon während seiner Zeit als "Superminister" im Kabinett Schröder hat er sich wenig um die Partei geschert - und umso mehr für Lobbyinteressen gekämpft.
Der ehemalige Botschafter des neoliberalen Lobbytrupps "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" war einer der Architekten der Agenda 2010. Er ist damit mitverantwortlich für die größten Mitgliederverluste der SPD und eine lange Serie von Wahlniederlagen. Auf eine weitere in Hessen kommt es da für ihn nicht mehr an.
Dass die Sozialdemokraten nun unter Druck von Mitgliedern und WählerInnen auf Abstand zu diesem Kurs gehen und sich wieder stärker mit linken Inhalten profilieren, hat Clement schon zuvor scharf kritisiert. Auch das übrigens durchaus mit Eigeninteresse: Nachdem er als Minister die Regeln für Leiharbeit liberalisiert hatte, wechselte er anschließend auf die Gehaltsliste einer Zeitarbeitsfirma.
Mit seinem jüngsten Vorstoß gegen die fortschrittliche Energiepolitik von Ypsilanti und Scheer hat Clement der Atom- und Kohlelobby aber einen Bärendienst erwiesen. In der SPD gibt es viele Genossen mit engen Kontakten zu den Energiekonzernen, die die Klimapolitik der Partei kritisch sehen. Mit seinem unsolidarischen Auftritt mitten im Wahlkampf hat Clement nun jedoch die Parteispitze gezwungen, sich hinter Ypsilanti zu stellen - und damit auch hinter die klare Absage an Kohle und Atom. Gerade Fraktionschef Peter Struck, der bislang viele Positionen von Clement geteilt hat, dürfte die Forderung nach einem Parteiausschluss nicht leicht gefallen sein. Doch er hatte keine Wahl.
Wolfgang Clement kann es egal sein, ob er aus der Partei ausgeschlossen wird - er lebt ohnehin von seinem Dasein als "Expolitiker". Für die SPD steht hingegen viel auf dem Spiel. Es geht um die Frage, ob sie auf ExpertInnen und Mitglieder hört. Oder sich weiter von Lobbyisten vorführen lässt.
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Kommentar von
Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert. Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.