Seitenlang Kleingedrucktes

VERSICHERUNGEN Guter Rechtsschutz muss nicht teuer sein. Aber auch Rundum-sorglos-Pakete bieten keineswegs einen Komplettschutz. Versicherte sollten die Details lesen

Schlechte Angebote decken die Anwaltskosten erst ab, wenn es vor Gericht geht

VON MANDY KUNSTMANN

Den Rat eines Anwalts gibt es meist nicht umsonst. Mehr als 1.000 Euro müssen beispielsweise Bürger in der Regel berappen, die sich mit Hilfe eines Juristen vor Gericht gegen eine Kündigung zur Wehr setzen. Um sich vor solch hohen Summen zu schützen, entscheiden sich viele Menschen für eine Rechtsschutzversicherung. Die Police übernimmt die Anwalts- und Verfahrenskosten für zahlreiche Rechtsstreitigkeiten. Die Auswahl an Tarifen am Markt ist groß. Ein Vergleich zeigt deutliche Unterschiede in puncto Qualität und Preis.

Gute Kombipakete für die ganze Familie gibt es für im Schnitt rund 321 Euro pro Jahr. Sie beinhalten Privat-, Berufs-, Verkehrs- und Mietrechtsschutz. Bei der letzten Untersuchung der Stiftung Warentest vor einem Jahr belegte die Versicherungsgesellschaft DAS mit ihrem Tarif Premium den ersten Platz beim Kombischutz. Für 385 Euro ist die Police zu haben. Deutlich günstiger und nur wenig schlechter kommt die WGV in der Untersuchung weg – mit ihrem Tarif Optimal für 231 Euro im Jahr.

Die Angebote sichern Kinder und Partner ab und sehen eine Selbstbeteiligung von 150 Euro vor, was die Prämienzahlung deutlich mindert. Sehr gute Produkte sind Fehlanzeige am Markt, so das Fazit der Tester. „Ein guter Tarif unterscheidet sich von schlechteren Angeboten vor allem durch den Umfang des Rechtsschutzes“, erläutert Michael Sittig, Finanzexperte der Stiftung Warentest. „Bei guten Angeboten bekommen Versicherte zum Beispiel schon die Kosten für den Anwalt bezahlt, wenn dieser ihnen beim Widerspruch gegen die Entscheidung einer Sozial- oder Finanzbehörde hilft.“ Schlechte Angebote decken die Anwaltskosten erst ab, wenn das Ganze vor Gericht geht. Zudem versichern verbraucherfreundliche Policen wenigstens zum Teil Anwalts- und Gerichtskosten von Streitigkeiten rund um Kapitalanlagen.

Relative Neuheit in der Branche ist, dass die Versicherer für den Einsatz eines Mediators aufkommen. „Der Mediator hilft als neutrale Person, einen Streit ohne Gericht beizulegen“, erläutert Sittig. Das funktioniere aber nur, wenn die Streithähne freiwillig mitmachten. Der Versicherer könne sie dazu nicht zwingen. Da die Versicherungsunternehmen Mediationsangelegenheiten unterschiedlich regeln, ist es wichtig, sich vorab bei der Versicherung darüber zu erkundigen, ob sie die Kosten übernehmen und wenn ja, in welcher Höhe.

Auch wenn sich mancher Tarif „rundum sorglos“ nennt: Einen Komplettschutz bieten die Pakete keineswegs. „Das Kleingedruckte ist gespickt mit Leistungsausschlüssen“, gibt Finanzexperte Sittig zu Bedenken. Kostenträchtige Streitigkeiten rund um den Hausbau seien häufig komplett ausgeschlossen. Und für Fälle ohne Erfolgsaussichten könne der Versicherer die Leistung ablehnen, zum Beispiel wenn ein Mieter sich beim Auszug weigert, die Küche zu streichen, obwohl eine gültige Renovierungsklausel im Mietvertrag ihn dazu verpflichtet.

Nicht selten kommt es wegen der Ausschlussklauseln zu Streit zwischen Versicherungsnehmern und Rechtsschutzversicherern. Beim Versicherungsombudsmann, dem Schlichter für private Versicherer, schaffen es die Rechtsschutzversicherer immerhin auf Platz zwei, was die Anzahl der jährlichen Beschwerdeeingänge betrifft. Nur Kunden von Lebens- und Rentenversicherungen zanken sich noch häufiger mit ihrem Versicherer herum. Um unnötigen Ärger zu vermeiden, sollte man daher schon vor Vertragsabschluss die Ausschlussklauseln kennen. „Wer sich nicht durch das seitenlange Kleingedruckte der Police quälen möchte, sollte wenigstens die wichtigsten Punkte mit einem Versicherungsmitarbeiter besprechen“, erklärt Sittig die bequemere Variante.

Freiberufler oder Selbstständige benötigen eine eigenständige Police, wollen sie sich gegen berufliche Streitigkeiten wappnen. Der Berufsrechtsschutz für Privatleute greift hier nicht. Während sie vergleichsweise hohe Prämien für ihren Rechtsschutz aufbringen müssen, können sich Angestellte des öffentlichen Dienstes freuen. Die meisten Versicherungsunternehmen haben für sie spezielle und günstigere Angebote parat. So verlangt die Huk24 von einem Beamten der Deutschen Bahn zum Beispiel 135,70 Euro im Jahr für den Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz. Bei einem ganz normalen Arbeiternehmer schlägt sie für die gleiche Leistung mit 182,36 Euro jährlich zu.

Zuletzt sollten Versicherungsnehmer überlegen, ob sie gleich ein großes Versicherungspaket aus Privat-, Berufs, Verkehrs- und Mietrechtsschutz abschließen müssen. Letztere beiden Bausteine lassen sich auch einzeln für meist weniger als 100 Euro im Jahr abschließen. Sparen können Versicherte auch, indem sie die Beiträge jährlich bezahlen. „Für monatliche Raten verlangen die Versicherer Aufschläge bis zu 20 Euro fürs Jahr“, so Sittig.