Berlinale Star-Album (4): Festivalfotografin Erika Rabau
Erika Rabau, Alter unbekannt, ist die offizielle Berlinale-Fotografin, Lederkluft-Trägerin und schrulliges Seelchen. Und der eigentliche Star der Filmfestspiele.
Sicher, sie kann auch nerven. Kommt dauernd zu spät und drängelt sich im letzten Moment durch die Fotografenmeute hindurch, um ihnen die Sicht auf die Stars der Stunde zu versperren. "Erika! Erikaaa!", schallt es dann heiser. Und anders als die "Patti, over here!" oder "Hannelore, smile!"-Rufe ist das "Erika!" der Fotografen ein genervtes.
Gemeint ist Erika Rabau. Offizielle Berlinale-Fotografin, Lederkluft-Trägerin, Kosmopolitin und sympathisch-schrullige Festival-Seele. "Erika Rabau - Der Puck von Berlin" heißt der Dokumentarfilm von Samson Vincent, der sie auf den Filmfestspielen 2007 mit der Kamera begleitet hat. Nonstop ist die zierliche, leicht gebeugt gehende Frau während dieser zehn Tage im Einsatz und schont sich kein bisschen. Denn: "Filmverrückt war ich schon immer. Und: "Die Berlinale ist mein Leben."
Seit beinahe vierzig Jahren dokumentiert sie die Filmfestspiele. Fotografiert auf dem roten Teppich knipst Porträts auf Pressekonferenzen und spürt die Stars in den hintersten Ecken auf, wenn sie den offiziellen Fototermin mal wieder verpasst hat. Karl Lagerfeld nimmt sie an der Popcorntheke im Kinofoyer ins Visier und wird prompt auf einen Kaffee eingeladen. "Un café pour Madame", wiederholt Erika seine Bestellung strahlend. Kommt dann zu spät zur Antonio-Banderas-Premiere, spürt ihn doch noch auf und lichtet ihn ab, ganz für sich allein. Jeff Goldblum, offensichtlich irritiert von der Kommandostimme des zarten Persönchens mit dem knallgelben Strubbelhaar, gewinnt sie ein "Youre sweet" ab.
Ihr Alter verrät Erika aus Prinzip nicht. In Danzig wurde sie geboren, eine Viertelstunde vor Weihnachten. Basta. Ein Anhaltspunkt: Bei der Stones-Pressekonferenz wäre sie auf dem Platz neben Keith Richards nicht weiter aufgefallen.
Neben ihrer Fotografinnen-Karriere hat Erika immer wieder kleine Rollen gespielt. Schauspielerin war ihr eigentlicher Berufswunsch. Die kleine Rolle in Wim Wenders "Der Himmel über Berlin" brachte ihr sogar Fanpost aus Japan, und mit Willem Dafoe ("Ein unglaublich reizender Mensch") hatte sie einst eine kleine Szene in der Berliner U-Bahn.
Etwa eine Million Negative hat Erika Rabau in ihrer Wohnung in Pappordnern herumliegen. Unsortiert, wie sie zugibt. Regisseur Samson Vincent hat aus den Aufnahmen von 1963 bis 1985 eine Ausstellung im Museum für Kommunikation erstellt. Dort dürfen wir einen Mario Adorf mit prächtigem schwarzem Schnauzer, einen Rainer Werner Fassbinder mit bis zum Nabel aufgeknöpftem Hemd und eine Gina Lollobrigida auf Tuchfühlung mit einer jungen Erika bestaunen. Fotografiert mit der alten Leica. Erika lässt das kalt. Ihr Intro zum Film: "Der Film ist gut. Ich sehe zwar zum Kotzen aus, aber der Film ist gut."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!