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Kommentar SteuerskandalSo kriminell wie möglich

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Alle Bundesregierungen seit dem Beginn der neuen Globalisierung Mitte der 1970er haben es versäumt, wirksame Regeln gegen Steuerhinterziehung durchzusetzen.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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5 Kommentare

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  • RK
    Rüdiger Kalupner

    @spießiger realist

     

    Die Manager des Wachstumzwangs von Kapitalstock und Wirtschaftsleistung werden sich über Ihren und über Hannes Kochs Kommentar freuen. Sie können sich bestätigt fühlen, dass ihre Tricks, mit denen sie die Zinssätze hoch halten, von den Kritikern der Kapitalvorherrschaft nicht durchschaut werden.

    Die Zinshöhe reagiert sehr sensibel auf den Rückgang der Nachfrage nach Finanzkapital. In Japan gab es schon jahrelang Zinspromille.

     

    Sinkende Zinsen sind in marktwirtschaftlichen Wirtschaften naturgegeben - mit steigendem Kapitalstock sinkt die Grenzproduktivität des Kapitals. Vorausgesetzt man tut nichts dagegen. Mit der stetigen Verteuerung des Faktors Arbeit kann man sehr effizient gegen die natürlich sinkende Grenzproduktivität des Kapitalstocks angehen und den Wachstumszwang managen.

  • NS
    Norbert Schnitzler

    Was soll die ganze Aufregung um Zumwinkel und andere Steuerhinterzieher. Es geht doch bloß um Geld. Und verglichen mit dem, was in den letzten Monaten in marode Landesbanken gesteckt wurde, nicht mal um viel Geld. Verglichen mit dem, was Menschen mit Hartz IV oder Hungerlöhnen zum Leben bleibt, natürlich um viel Geld.

     

    Schauen wir nicht auf die Beträge, sondern auf die Folgen. Die Folgen von Zumwinkels Handeln sind m.E. harmlos aber strafbar, das Verhalten anderer Unternehmer ist eventuell straffrei, obwohl tödlich. Da bringen sich reihenweise Kunden um, deren Kredite (obwohl nicht "notleidend") an Hedgefonds verkauft wurden, oder denen die Badenia Schrottimmobilien bzw. deren Finanzierung angedreht hat, statt sie zu warnen. Menschen mit Holzschutzmitteln oder Medikamenten zu vergiften, führt auch nicht in den Knast. Dass dafür 10 Jahre verhängt werden, würde ich sogar begrüssen und verstehen, wer bloß Vermögensschaden verursacht, kann von mir aus empfindlich finanziell getroffen werden, das reicht mir.

     

    Nun nach einer höheren Höchsttrafe zu rufen wie es die SPD macht oder so zu tun, als habe man sich das Verhalten Zumwinkels nicht vorstellen können (Merkel), sind bloß Täuschungs- und Ablenkungsmanöver. Die einen haben Angst vor der Linkspartei, die anderen davor, daß an ihre Geschichte erinnert wird. Wenn sich eine Partei Steuerhinterziehung mit Hilfe von Stiftungen in Lichtenstein vorstellen können muß, dann die CDU. Hat sie doch mit angeblichen jüdischen Vermächtnissen und in Lichtenstein geparktem Schwarzgeld das Verfahren schon vor knapp einem Jahrzehnt ausprobiert.

     

    Statt vor der eigenen "Unmoral" zu erschrecken, hat man dort wohl mehr bedauert, daß es rausgekommen ist, und schon, als dafür nicht etwa 10 Jahre Haft für die Täter, sondern eine Geldstrafe (Staatsknete zurückzahlen müssen) verhängt wurde, hat man dagegen geklagt und Bundestagspräsident Thierse mußte sich als schlimmster Parlamentspräsident seit Hermann Göring verunglimpfen lassen.

     

    Zufällig sah ich heute (18.2.) morgen auf Phoenix die CDU-Veranstaltung zu Ehren von Bernhard Vogel. Nicht nur Helmut Kohl, sein Vorgänger als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident, sprach, sondern auch Angela Merkel. Sie scheut sich seit Jahren nicht mehr, gemeinsam mit diesem ... bei Veranstaltungen aufzutreten. Würde sie drohen, nicht zu kommen, wenn Kohl eingeladen wird, könnte man zumindest ihr in diesem Zusammenhang etwas Anstand unterstellen, aber lieber rühmt sie seine Rolle bei der deutschen Einheit.

     

    Kohl sprach übrigens davon, wie Vogel dafür, dass ihn die Landespartei schlecht behandelt hatte, mit der Leitung der Konrad-Adenauer-Stiftung entschädigt werden konnte, deren Vorsitz bis dahin Bruno Heck innehatte. Da mußte ich an den 11. September denken (nicht den, mit dem George Bush gerne kommt, sondern den, an dem Pinochet Allende stürzte) und wie Bruno Heck die Verhaftungen kommentierte "Das Leben im Stadion ist bei sonnigem Wetter recht angenehm." Das war wohl symptomatisch für eine Einstellung.

     

    Wie harmlos ist dagegen doch Steuerhinterziehung!

  • S
    spießiger-realist

    "Das dürfte für jedermann einsichtig sein"

     

    Soso .. Ihnen scheinen leider nicht einmal die einfachsten ökonomischen Zusammenhänge einsichtig zu sein.

     

    Ein "risikoloser Zins im Promillebereich" - den sie wie genau herbeizaubern wollen? Wenn der Bund seine Schuldscheine (gemeinhin der Inbegriff von "risikoloser Anlage") mit 0,1% Zinsen anbietet dann wird nicht der "risikolose Zins" auf 0,1% sinken - sondern der Bund seine Schuldtitel nicht mehr los.. Wer "Zinslosigkeit" erreichen möchte muss alle Anlageformen verbieten - natürlich auch Bauspardarlehen, Hypothekenkredite, private Investitionen (zB Kauf einer Dönerbude) - alternativ kann man aber auch gleich alle nach Hause schicken und warten bis sich die Welthungerhilfe uns annimmt..

     

    Und das also ist "der Kern des grünen Projekts"? Soso!

  • M
    Michael

    Wenn Gier und Neid aufeinander treffen, entsteht eine gefährliche Mischung. Daher bei allen Aufgeregtheiten drei nüchterne Feststellungen:

    1. Steuerhinterziehung ist kein neues Phänomen. Der österreichische Nationalökonom Schumpeter stellte schon vor Jahrzehnten fest: "Bei 30 Prozent hört die Moral auf". Ein gutverdiendender Single unterliegt einer aktuellen Abgabenlast von rund 45 Prozent. Damit steht Deutschland innerhalb der OECD auf einem der Spitzenplätze.

    2. Steueroasen entstehen nicht von ungefähr in unmittelbarer Nähe von Steuerwüsten. Gäbe es sie nicht, würden wir in den Hochsteuerstaaten vermutlich noch mehr Steuern zahlen. Denn Staaten und die handelnden Politiker sind unersättlich. Sie kommen nie mit dem Geld aus, das sie den Bürgern abnehmen. Mag sein, dass Liechtenstein künftig nicht mehr als "Steuerparadies" gilt. Dann werden eben neue entstehen. Hoch im Kurs: Singapur.

    3. Vorsicht vor Populismus und politischem Aktionismus á la Kurt Beck im Vorfeld von Landtagswahlen: Was dem einen seine Jugendkriminalität war, sind dem anderen jetzt seine Steuerhinterzieher.

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    'Bei den marktwirtschaftlich-ökonomischen Wurzeln ansetzen' sollte die Parole sein. Das ist leichter zu realisieren als auf den ersten Blick scheint.

     

    Der steuerungsinstrumentelle Ansatzpunkt ist die Zinshöhe. Die Kreditzinsen/-Kosten sind der am stärksten steigende und größte Einkommensbestandteil der Vermögenden und Reichen. Wer die Zinssätze für risikofreie Anlagen in den Promillebereich drückt, der kann auf progressive Einkommensteuern verzichten, um leistungsgerecht zu verteilen, d.h. Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen. Das Umverteilungsvolumen p.a. vom oben nach unten beträgt in Deutschland mehr als 200 Mrd. ?.

     

    Die revolutionäre Änderung im ökonomischen Steuerungssystem ist die Einführung eines zusätzlichen Verteilungsinstrument: eines energie- und sachkapitalsteuer-finanzierten Grund-/Zweiteinkommens für Jedermann, das an die Stelle der Flächentariflohnerhöhungen tritt.

     

    Mit dem Sinken der Nachfrage nach Investitionskapital und dem Wegfall des Wachstumszwang des Kapitalstocks werden die Zinsen für risikofreie Kapitalanlagen in den Promillebereich fallen. Mit dem Wegfall der Einkommenssteuer für alle sind für alle Zeiten Lichtenstein, Monaco, Schweiz und Luxemburg u.a. für die Kapitalströme abgemeldet. Und mit ihnen die Vormacht der Kapitalinteressen.

     

    Das dürfte für jedermann einsichtig sein - auch, dass dies der Kern des Grünen Projekts ist. Warum haben die Grünen diesen Auftrag vergessen?