Kommentar Iran-Wahlen: Votum durch Wahlverweigerung

Bei den Parlamentswahlen haben die Konservativen erneut die absolute Mehrheit gewonnen. Zustimmung durch das Volk bedeutet das jedoch nicht - im Gegenteil.

Auf den ersten Blick deuten die Parlamentswahlen im Iran nicht auf eine Änderung der Machtverhältnisse. Die bisherige absolute Mehrheit der Konservativen wurde bestätigt. Und die Reformer um den ehemaligen Präsidenten Mohammed Chatami bilden nach wie vor eine ohnmächtige Minderheit. Ohnehin waren die Wahlen, bei denen unliebsame Bewerber, meist aus dem Lager der Reformer, abgelehnt wurden, eine Farce. Noch absurder mutet die Wahl an, wenn man in Betracht zieht, dass das Parlament im Machtgefüge der Islamischen Republik im Grunde nur dazu dient, dem islamischen Gottesstaat einen republikanischen Anstrich zu verleihen. Die eigentliche Macht liegt bei Instanzen, die nicht vom Volk gewählt werden, allen voran beim Revolutionsführer Ali Chamenei.

Dennoch gewähren die Ergebnisse der Wahlen einen besseren Einblick in den Zustand der Islamischen Republik. Nach offiziellen Angaben haben in den Großstädten mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten nicht gewählt. In Teheran soll die Wahlbeteiligung bei 40 Prozent gelegen haben. Diese geringe Wahlbeteiligung ist ein Indiz dafür, dass die Mehrheit der Wähler von den Reformern enttäuscht und mit dem politischen System insgesamt unzufrieden ist. Das wird bei der Opposition mehr als bisher die Frage aufwerfen, ob trotz massiver Ausgrenzung die Teilnahme an den Wahlen die richtige Strategie ist und ob die Zeit nicht gekommen ist, um endlich eine Alternative zu dem herrschenden Regime zu organisieren.

Das Wahlergebnis zeigt auch, dass die absolute Mehrheit der Konservativen keineswegs mit einer Zustimmung zur Politik um Ahmadinedschad gleichzusetzen ist. Denn im Lager der Konservativen befinden sich zahlreiche Gegner und Kritiker der abenteuerlichen Politik der Regierung, die das Land in eine tiefe Wirtschaftskrise geführt und außenpolitisch großen Gefahren ausgesetzt hat. Wie stark diese kritische Fraktion im künftigen Parlament sein wird, ist derzeit nicht absehbar. Würde sie im Lager der Konservativen die Mehrheit erreichen, könnte sie den Weg der Radikalen erheblich erschweren und zudem dem Präsidenten seine Wiederwahl im nächsten Jahr streitig machen.

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