Alles andere als Konkurrenz

GELD Amazon, Google, Facebook und Apple haben in den vergangenen Tagen ihre Jahresergebnisse vorgelegt. Eines haben die Unternehmen alle gemeinsam: Sie erobern ständig neue Geschäftsfelder

BERLIN taz | Es sind immense Zahlen, die die großen Internet-Unternehmen in den vergangenen Tagen vorgelegt haben: 53 Millionen Dollar Gewinn bei Facebook, 10,7 Milliarden bei Google, 41 Milliarden bei Apple, deren Geschäftsjahr allerdings schon im September endete. Einzig Amazon schloss das Jahr mit Verlust ab: 39 Millionen Dollar lag das Unternehmen im Minus, aber auch da zeigte sich im vierten Quartal wieder ein deutlicher Gewinn.

Bei allen Unterschieden in den Details der Jahresergebnisse haben die vier Unternehmen eines gemeinsam: Sie alle expandieren ständig in neue Geschäftsfelder. Beispiel Amazon: Das Unternehmen zieht das Gros seiner Gewinne längst nicht mehr aus dem Verschicken von Büchern. Im letzten Quartal des vergangenen Jahres seien vor allem das Cloud Computing und der Handel mit E-Books die Gewinnbringer gewesen, teilte das Unternehmen mit. Oder Google: Einst als Suchmaschine gestartet, sind heute unter anderem ein Betriebssystem für Mobiltelefone, Browser, soziales Netzwerk, Webmail und Cloud-Dienst im Portfolio. Die Ausdehnung hat einerseits zur Folge, dass sich die Zielgruppen der Konzerne immer mehr überschneiden. Andererseits kann ein Nutzer immer mehr Bedürfnisse bei einem einzelnen Anbieter befriedigen – was diesem wiederum mehr persönliche und werberelevante Daten zur Verfügung stellt.

Oligopolbildung nennt Theo Röhle, Medienwissenschaftler an der Universität Paderborn die Entwicklung. „Von wirklichem Wettbewerb kann man nicht sprechen, weil der Nutzer keine echte Wahlfreiheit hat“, sagt er. Dafür seien die Dienste einander zu ähnlich: zum Beispiel sammeln alle von ihren Nutzern zahlreiche persönliche Daten. „Es sind riesige Datensammlungen, die da entstehen, so etwas gab es vorher nicht.“ Für die User sei nicht ersichtlich, wie mit den Informationen umgegangen werde, teilweise nicht einmal, welche Daten das Unternehmen überhaupt erhält. Auch die genaue Funktionsweise der Plattformen bleibe im Dunkeln.

Wie sich eine große Marktmacht auswirkt, zeigt sich am Beispiel Facebook. Der Nutzerzuwachs des sozialen Netzwerks flaut in den USA mehr und mehr ab, zuletzt lagen die Zuwachszahlen im einstelligen Bereich. Die Sättigungsgrenze von Facebook ist dort also langsam erreicht, mehr Nutzer – also mehr Adressaten der Werbung, mit der Facebook sein Geld verdient – sind dann nicht mehr zu erreichen. Will das Unternehmen weiter wachsen, muss es sich in diesen Märkten andere Strategien zulegen – und dazu passt die kürzlich gestartete Suchfunktion. Führt sie dazu, die Verweildauer der Nutzer auf der Seite zu erhöhen, ist das eine Möglichkeit, mehr Werbung zu platzieren und mehr Geld zu verdienen.

Google versucht es mit deutlich mehr Nachdruck: Wer sich etwa beim zum Konzern gehörenden Videoportal Youtube anmelden will, bekommt seit kurzem den Google+-Account gleich dazu. Dem Wachstum des sozialen Netzwerks dürfte das zuträglich sein. Laut GlobalWebIndex hatten im vergangenen Jahr noch Twitter und auch Facebook den größten Zuwachs an aktiven Nutzern, doch Google+ folgt auf Rang drei.

Medienwissenschaftler Röhle befürchtet, dass die Nutzer eines Tages noch ganz andere Auswirkungen der Oligopolsituation spüren werden. Nämlich dann, wenn die Unternehmen nicht mehr nur auf Werbung setzen, sondern von den Nutzern Geld für ihre Dienste kassieren wollen. Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht: So gibt es beispielsweise immer wieder Gerüchte, wonach die zu Google gehörende Videoplattform Youtube überlege, für einzelne Angebote Geld zu verlangen.SVENJA BERGT