Kommentar Geert Wilders Provokationen: Ansichten eines Politclowns
Den Film des niederländischen Rechtsaußenpolitikers kann man getrost ignorieren. Weitaus problematischer sind seine rassistischen Ausgrenzungen von Muslimen.
D ie Tragödie wiederholt sich als Farce. Als der niederländische Filmemacher Theo van Gogh mit seiner Mitstreiterin Ayaan Hirsi Ali vor vier Jahren seinen reißerischen Anti-Islam-Kurzfilm "Submission" produzierte, da ahnte er nicht, welchen Hass er damit auf sich ziehen würde. Den persönlichen Wachschutz, der ihm angeboten wurde, lehnte er leichtfertig ab. Kurz darauf fiel er einem fanatisierten jugendlichen Islamisten zum Opfer, und die Niederlande stürzten in eine der größten politischen Krisen ihrer jüngeren Geschichte.
Daniel Bax ist Meinungsredakteur der taz.
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders weiß deshalb genau, welches Risiko er eingeht. Doch um jeden Preis möchte er sich zum Märtyrer der Meinungsfreiheit stilisieren. Monatelang schon hatte er einen "Anti-Koran-Film" angekündigt, wohlwissend, wen er damit nervös machen würde. Nun, wo der Streifen öffentlich ist, entpuppt er sich als billiger Propaganda-Trash, der Szenen von Terroranschlägen und islamistischen Hasspredigern zu einer Art worst of islam zusammenmischt, um in einer Warnung vor dem Koran zu gipfeln. Plumper kann Islamkritik kaum sein.
Das arabische Wort "Fitna" bedeutet so viel wie "Chaos" oder "Zwietracht". Das ist es, was Geert Wilders mit seinem gleichnamigen Filmchen säen will - vor allem, um sich selbst wichtig zu machen. Doch seine Rechnung wird nicht aufgehen.
Ausschließen lässt es sich natürlich nie, dass sich irgendwo auf dieser Welt ein paar Spinner durch sein Werk beleidigt fühlen. Dennoch wird es wohl kaum wieder zu solchen Szenen kommen wie vor zwei Jahren, als wegen der Mohammed-Karikaturen in Syrien und im Libanon sogar Botschaften brannten. Der Grund dafür ist, dass sich die niederländische Regierung klüger verhalten hat als die dänische. Schon früh distanzierte sie sich von dem Film, um nicht selbst mit den Kapriolen ihres berüchtigten Politclowns in Verbindung gebracht zu werden. Der dänische Premier dagegen suchte das Gespräch erst auf dem Höhepunkt des Karikaturenstreits, als es schon viel zu spät war.
"Fitna", den Film, kann man getrost ignorieren. Problematischer sind Geert Wilders politische Forderungen, die auf eine rassistische Ausgrenzung von Muslimen hinauslaufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Zeitplan der US-Wahlen
Wer gewinnt denn nun? Und wann weiß man das?