OECD-Wirtschaftsbericht mit Bildungskapitel: Deutsche Sorgenkinder
Mit der OECD widmet sich erneut eine internationale Organisation den deutschen Sorgenkindern: der frühkindlichen Bildung und den Schulformen.
Mit internationaler Kritik an Deutschlands Schulsystem ist das so eine Sache. Die Pisastudien der OECD haben den Kultusministern hier nicht die Augen geöffnet, sondern sie noch bockiger gemacht. Vor allem der böse, böse Andreas Schleicher, Pisa-Koordinator in Paris, ist gar nicht gerne gelitten.
Auch der Sonderbotschafter für das Recht auf Bildung der UN, Vernor Muñoz, hat sein Fett schon abbekommen. Wer kein Deutsch kann, so der lässige Hinweis auf seinen Bericht an die Vereinten Nationen, solle sich nicht anmaßen, Deutschlands Bildungssystem zu kritisieren. Zuletzt hatten es die versammelten Bildungsminister der EU probiert und den schüchternen Hinweis gewagt, die deutsche Auslese von Zehnjährigen sei doch ein bisschen früh geraten.
Aber auch die Kollegen von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) drangen in Berlin nicht durch. In Brüssel grätschte ein bayerischer Kultusmitarbeiter dazwischen - und hübschte den kritischen Bericht auf. Im verabschiedeten Text hieß es nur ganz allgemein, internationale Forschungsergebnisse zeigten, dass "in einigen Fällen eine zu frühe Differenzierung (…) negative Auswirkungen auf die Leistungen benachteiligter Schüler haben kann". Ohne Nennung Deutschlands, versteht sich.
Deutschlands Catenaccio (Sperrriegel), so scheint es, ist unüberwindbar. Aber da droht bereits der nächste Angriff. In Berlin wird am heutigen Mittwoch ein Bericht über die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland vorgestellt, und diesmal könnte es eng werden. Denn diesmal ist der Angreifer nicht etwa eine Einzelperson, sondern die versammelte Stürmerschar der OECD-Staaten attackiert. Themen des Papiers sollen sein, wie die taz aus Kreisen der Partnerstaaten erfuhr: die frühkindliche Bildung, die Ausbildung von LehrerInnen, die Schulorganisation sowie die Weiterbildung - die Sorgenkinder des deutschen Bildungssystems.
Wer eins und eins zusammenzählt, der ahnt, wie der OECD-Tenor ausfallen wird: dass Deutschland seinen Kleinkindern zu spät und zu spärlich Bildung anbietet. Und vor allem, dass es eine zu scharf trennende Schulstruktur hat. Es wäre nicht verwunderlich, wenn sich die OECD-Staaten Gedanken um die Hauptschule machen. Die OECD hat bereits mehrfach die negativen Auswirkungen moniert, die die beharrliche Existenz einer solchen Schulform für die Qualifikation der Menschen und die wirtschaftliche Entwicklung hat.
Das Papier ist deswegen etwas Besonderes, weil es keine neue Studie mit tausenden von Zahlen und Fakten ist, sondern die Frage stellt: Was tut ihr Deutschen eigentlich, damit ihr nicht nur als Industrie-, sondern auch als Wissensnation bestehen könnt? Zudem hat sich der Autor des Papiers gewandelt. Kein einsamer Forscher schreibt und empfiehlt, sondern sogenannte Peers, also die kritischen Freunde der drittgrößten Industrienation.
Auf gut Deutsch: Die OECD-Staaten klopfen bei den Deutschen an und regen politische Konsequenzen an - diesmal eben auch für sein Bildungssystem.
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