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KOMMENTAR VON KLAUS HILLENBRAND ÜBER DIE ERINNERUNG AN DEN HOLOCAUSTDiese Verbrechen werden niemals Geschichte

Die Gefahr, dass die Deutschen diese Geschichte vergessen, besteht offenkundig nicht

In diesen Tagen kehrt die Erinnerung in geballter Form zurück. Am letzten Sonntag erinnerte der Holocaust-Gedenktag an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz. Am Mittwoch jährte sich zum 80. Mal der Tag der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. In einigen Wochen begehen wir den 70. Jahrestag der Fabrikaktion, des Tages, an dem die zur Zwangsarbeit gepressten Berliner Juden in den Tod deportiert wurden. Es wurden eine ganze Menge Reden gehalten. Es werden noch mehr Reden gehalten werden. Aber berührt das die Deutschen noch? Oder ist die Erinnerung nicht längst erstarrt in alljährlichen Ritualen?

Mit dem Tod der letzten Überlebenden der NS-Judenverfolgung beginnt auch die Schoah von der Zeitgeschichte – die uns so nahe ist, weil es Menschen gibt, die davon erzählen können – zur fernen Geschichte zu verblassen. Doch die Gefahr, dass die Deutschen diese Geschichte vergessen, besteht offenkundig nicht.

„So vergessen Sie doch! Sie müssen doch auch vergeben können“: Mit diesem Zitat illustrierte Inge Deutschkron in dieser Woche im Bundestag die Meinung vieler Deutscher in der Nachkriegszeit. Es sind perfide Sätze, die die Schuld umkehren sollten: von der Schuld derjenigen, die beim Morden zugeschaut haben, in eine derjenigen, die dem Morden gerade erst mit Glück entronnen waren. Es waren bleierne Zeiten, als Oberbürgermeister Grußworte zu Treffen der SS-Leibstandarte Adolf Hitler fanden und die wenigen Strafverfolger der Naziverbrechen ihres Lebens nicht sicher sein konnten.

Fast alle Angehörigen dieser Schwamm-drüber!-Generation sind längst verstorben. Ihr Wunsch wird sich nicht erfüllen. Die meisten Deutschen haben begriffen, dass man aus der Geschichte nicht aussteigen kann. Längst geht es dabei nicht mehr um eine eigene Schuld.

Nein, die Deutschen sind nicht verpflichtet, dreimal in der Woche der Naziverbrechen und der Untaten ihrer eigenen Urgroßväter zu gedenken. Sie müssen auch nicht jede Sonderausstellung besichtigen. Es reicht, wenn ihnen bewusst ist, dass die NS-Verbrechen ein Teil ihrer eigenen, ganz persönlichen Geschichte sind. Dass sie Verantwortung tragen für gewisse zivilisatorische Fortschritte im Allgemeinen und den Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Chauvinismus im Besonderen. Bei der Erinnerung daran können Rituale bisweilen sehr hilfreich sein.

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