Kommentar: Die Krönung der Gentrifizierung

Am Berliner Hauptbahnhof soll ein neues Stadtviertel entstehen. Das ist ökologisch und sozioökonomisch sinnvoll.

Nobel, nobel. So wirkt das neue Viertel, das nun an der Heidestraße aus dem Boden gestampft werden soll. Wen die Planer als künftige Bewohner für ihre Lofts am Kanal im Auge haben, ist nicht zu übersehen. Auf einer ihrer Entwurfszeichnungen rauscht ein Sportwagen durchs Quartier. Dennoch ist das Viertel ein Gewinn für die Stadt - gleich in mehrfacher Hinsicht.

Die Investoren haben begriffen, dass Wohnen in der City attraktiv ist - nicht nur für ihre Kunden. Innerstädtischer Wohnungsbau stoppt auch die Zersiedlung des Umlandes, vermindert das Verkehrsaufkommen und recycelt Brachen in der Stadt. Ökologisch ist das Viertel also akzeptabel. Doch auch sozioökonomisch ist es zu begrüßen. Nicht obwohl, sondern weil es eine Art Krönung der vielfach kritisierten Gentrifizierung Berlins darstellt.

Der Aufwertungsprozess einiger Altbauviertel hat unübersehbar die letzte Stufe erreicht. In Prenzlauer Berg und Mitte ist schlichtweg kein Platz mehr für weitere Cafés und Cabrios. Da aber noch viel mehr Hedonisten am entspannten Berliner Leben teilhaben wollen, ist es kein Wunder, wenn sie in weitere Viertel drängen. Das muss nicht schlecht sein. Im Gegenteil, es gibt nicht wenige Neuköllner, die das neue Flair des gerade entstehenden Ausgehviertels vor ihrer Tür begrüßen.

Allerdings wird es durch die ungebrochen steigende Attraktion Berlins in der City eng. Ärmere Schichten werden an den Stadtrand gedrängt. Es sei denn, man erweitert das Angebot.

Und da ist Berlin zum Glück in einer komfortablen Lage. Weltweit dürfte es kaum ein zweite Metropole geben, die über dermaßen viel Platz für innerstädtische Wohnungsviertel verfügt. Je attraktiver die für Gutbetuchte werden, desto besser. Denn das hält andernorts nicht nur die Sportwagenquote niedrig, sondern vor allem die Miete.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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