96 und Neururer: Unnormalos unter sich

Hannover 96 hat das ausgesprochene Stadionverbot gegen Peter Neururer aufgehoben und ihn als neuen Trainer verpflichtet. Derart stillos, dass nicht wenige Fans ein Handlungsverbot für einige Führungskräfte fordern

Peter Neururer kann nichts mehr erschüttern. Auch deshalb ist er der Richtige für Hannover 96. 1995 erteilte ihm der damalige Präsident Klaus-Dieter Müller mit der Entlassung ein Stadionverbot, was nun aufgehoben wurde. Neururer kennt sich mit unnormalen Vorgängen in der Führungsebene bei 96 also aus. Trotzdem – oder gerade deshalb – tritt er nun das Amt von Ewald Lienen an. „Ich bin ja auch nicht normal“, erklärte Neururer unlängst, warum er sich den ungewöhnlichen Zuständen in Hannover erneut stellt.

Mit seinem Engagement verläßt Neururer nur vermeintlich die „abgesicherte Armut“, wie er seine Lebensverhältnisse als ausgebildeter Lehrer jüngst beschrieb. Bei 96 erlebt er sie wohl mehr strukturell denn finanziell. Lassen kann er dennoch nicht von ihnen. Denn seit dem Wechsel an der Führungsspitze des Vereins vermittelt 96 im Umgang miteinander den Eindruck, sich weniger sportlich denn führungstechnisch im Bereich der abgesicherten Armut zu bewegen. Ein Attest seitens vieler Anhänger, der hoch bezahlten Verantwortlichen stilistisch gar nicht gut steht und mit der Demission von Ewald Lienen seinen jüngsten Höhepunkt erreichte. Weswegen Jungmanager Ilja Kaenzig prompt in das Zentrum der Kritik gerückt wird – und bereits über die Halbwertzeit seines im Juni 2006 auslaufenden Vertrages debattiert wird. Denn im mächtigen Gesellschafterkreis und im Aufsichtsrat von 96 hat der Schweizer viel Kredit verspielt und ein weiterer Schweizer, René C. Jäggi (steht derzeit in Kaiserslautern in der Kritik), als Nachfolger im Gespräch ist.

Die Freistellung Lienens erfolgte derart harsch, dass sich dieser wirklich um Züruckhaltung bemühen muss, um nicht fristlos gekündigt zu werden. Denn nachdem am Dienstag einige Spieler den Entscheidern ihre weitgehend positive Meinung zu Lienen äußerten und das Krisengespräch mit Lienen ergebnisoffen beendet wurde, hieß es am Mittwoch, dass Neururer neuer Trainer wird. Eine Information, die Lienen noch im Trainingsanzug erreichte.

Neururer ficht das Gebaren kaum an – schlimmer als 1995 kann es für ihn kaum kommen. FOG