Kolumne: Schön im Kreis drehen
Eigentlich haben die Anwohner große Hoffnungen gelegt in die Umbauarbeiten in der Göhrener Straße. Aber jetzt ist alles noch schlimmer.
Die Göhrener Straße ist eine beliebte kleine Wohnlage in Prenzlauer Berg. Helmholtz- und Kollwitzplatz liegen um die Ecke, und doch hat man im "Göhrener Ei" - benannt nach dem Rondell in der Mitte des Straßenverlaufs - seine Ruhe. Durchgangsverkehr stört die Idylle kaum, nur die Autofahrer nerven, die nach Feierabend Runde um Runde drehen auf der Suche nach einem der in dieser familienreichen Gegend raren Parkplätze. Dementsprechend groß waren die Hoffnungen der Anwohner in die Umbauarbeiten an der Göhrener Straße. Etwa 200.000 Euro hat die Verkehrsberuhigung der kurzen Wohnstraße gekostet. Doch nach der rund sechsmonatigen Bauzeit hat sich die Parksituation nicht entspannt, sondern verschärft.
Denn durch den Umbau sind Parkplätze verloren gegangen - etwa 15, wie Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner, Leiter der Abteilung Öffentliche Ordnung, erklärt. "Wer unbedingt in Prenzlauer Berg wohnen will, muss damit rechnen, dass er schwer einen Parkplatz findet", sagt er.
Doch das ist nicht die einzige Nebenwirkung der Baumaßnahme. So hat Mitte April die Hausverwaltung Optima die Mieter der Göhrener Straße 12 per Aushang über einen Umstand informiert, der jenen längst selbst aufgefallen war. Von "erheblichen Problemen bei der Müllentsorgung" in Folge der Verkehrsberuhigung war die Rede. Da die Anwohner ungeachtet der durch die Verkehrsberuhigung veränderten Parkregeln wie gewohnt ihre Autos abstellen, soweit die neuen Poller dies zulassen, kommen die Müllfahrzeuge der BSR nicht durch - für die Hausverwaltung ein unhaltbarer Zustand. "Unsere Mieter zahlen ja für diese Dienstleistung", sagt Bettina Lilov von Optima Living.
Vorerst schiebt nun der Hausmeister die Mülltonnen an eine für die BSR-Fahrzeuge zugängliche Stelle. Doch da das nur eine Übergangslösung sein kann, hat die Hausverwaltung in einem Brief an den Leiter des Tiefbauamts Pankow, Peter Lexen, um einen Ortstermin der beteiligten Stellen gebeten. Dieses Schreiben liege ihm mittlerweile vor, bestätigt Stadtrat Kirchner, Lexens Vorgesetzter, der taz und stellt einen baldigen Termin in Aussicht - möglicherweise noch vor dem Mai-Feiertagswochenende. Auch die Stadtreinigung bemühe sich um einen gemeinsamen Ortstermin, sagt BSR-Sprecherin Sabine Thümler.
"Kontrolle, Strafe, drastische Maßnahmen", droht Stadtrat Kirchner den falsch parkenden Anwohnern und deren "höchst individueller Auslegung der StVO" an. Eine Alternative dazu sehe er leider nicht. "Ich werde keine Häuser wegsprengen, um Parkplätze zu schaffen." Und um zu zeigen, wie ernst es ihm damit ist, schiebt er nach: "Das ist zitierfähig."
Zweifel an der Notwendigkeit einer Verkehrsberuhigung der auch vorher schon ruhigen Göhrener Straße lässt Kirchner nicht gelten. Ziel sei es gewesen, "den öffentlichen Raum für Fußgänger und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen aufzuwerten" und den Spielplatz im Gelben vom Göhrener Ei "als Ort der Kommunikation attraktiver zu machen". Deswegen wurde um den Spielplatz herum ein großzügiger Bürgersteig angelegt, der den Zugang erleichtern und sicherer machen soll. Durch die Fahrbahnverengung allerdings wird die Zufahrt erschwert und der "Parkdruck erhöht", wie die Bürokraten sagen.
Der Spielplatz, von dem Kirchner spricht, ist ein trauriges Ensemble aus Klettergerüst, Sandkasten und etwas Platz zum Fußball spielen. Mit den ungleich besser ausgestatteten Spielplätzen in der Nachbarschaft kann er nicht mithalten. Deswegen sieht man dort auch höchst selten Kinder. Ändern wird sich das frühestens 2010, wenn der Bezirk den Spielplatz umgestaltet. Die dazu passende Straße immerhin ist schon da.
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