Kommentar Kindergarten: Spielend aufgeholt

In Kindergärten zu investieren, heißt in bessere Bildung zu investieren. Und das zahlt sich volkswirtschaftlich aus.

Dass der Kindergarten weit mehr ist als eine elternentlastende Bastelstube für die Kleinsten, sollte man in Deutschland eigentlich niemandem mehr erklären müssen. Wie bedeutend er allerdings für den späteren Schulerfolg der Kinder ist - und wie entscheidend damit für die soziale Durchlässigkeit der Gesellschaft insgesamt -, ist offenbar noch nicht bei allen angekommen. Denn in Deutschland gilt nach wie vor: Wer sein Kind in den Garten schickt, muss bezahlen. Und das schreckt oft genau diejenigen Eltern ab, deren Kinder am meisten von den Bildungsangeboten im Kindergarten profitieren würden.

Wie eine vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung veröffentlichte Studie nun deutlich gezeigt hat, gleicht der Kindergarten Bildungsdefizite bei Kindern aus sozial benachteiligten Familien aus. Und verhindert so den Weg in die Bildungsarmut. Aber: Das gelingt laut der Untersuchung nur, wenn die Kinder auch die vollen drei Jahre im Kindergarten sind. Ein Jahr Reinschnuppern reicht nicht aus.

Die Schlussfolgerung ist klar: Die Politik sollte endlich den kompletten Kindergartenbesuch zumindest kostenlos machen, vom dritten bis zum sechsten Lebensjahr. Bisher ist in einzelnen Bundesländern lediglich das letzte Jahr gratis. Alles andere ist dem guten Willen der Kommunen überlassen. Von 0 Euro bis knapp 4.000 Euro Gebühr für zwei Kinder pro Jahr ist alles drin.

Billig wäre der kostenlose Kindergarten freilich nicht zu haben. Experten schätzen die Kosten auf mehr als 3 Milliarden Euro pro Jahr. Doch gleichzeitig wäre es eine Investition, die sich voll auszahlt. Denn die Bildungsverlierer von heute sind die Hartz-IV-Empfänger von morgen. Wer bereits zu Beginn der Schulzeit hinterherhinkt, hat im sozial undurchlässigen deutschen Bildungssystem nur wenig Aussicht auf Erfolg. Je früher hier eingegriffen wird, desto besser. Doch anstatt über solch sinnvolle Investitionen in die Bildung zu sprechen, wird in diesen Tagen wieder über milliardenschwere Steuersenkungen diskutiert. Den Schwächsten bringt das nichts.

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Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.

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