Nahverkehrsproblem auf Kuba gelöst: Keine langen Schlangen mehr

Nach dem Kauf von 8.000 Bussen gibt es jetzt nur noch zwei wichtige Alltagsprobleme auf Kuba: die prekäre Wohnungssituation und die schwierige Lebensmittelversorgung.

Kaum noch Abgasfahnen in Havanna dank moderner chinesischer Busse. Bild: rtr

HAVANNA taz "Transmetro" steht auf den roten Yutong-Bussen, die in kurzen Abständen die Haltestellen in Kubas Hauptstadt Havanna ansteuern. Lange Schlangen und Wartezeiten, in Havanna über 15 Jahre lang die Regel, sind derzeit genauso Ausnahme wie tiefschwarze Abgasfahnen. Nagelneu sind die modernen Busse aus China, mit denen eines der drängenden Probleme der kubanischen Bevölkerung gelöst wurde - der Nahverkehr innerhalb der Hauptstadt. Rund 8.000 Yutong-Busse hat die kubanische Regierung eigenen Angaben zufolge im Bruderstaat China geordert, um die schwelende Transportkrise zu lösen. Vor allem für die Bewohner der kubanischen Hauptstadt ist damit eines der drei drängenden Alltagsprobleme vom Tisch. Die anderen beiden sieht der kubanische Agrarexperte Armando Nova in der prekären Wohnungssituation und der schwierigen Nahrungsmittelversorgung. "Und über allem schwebt die doppelte Währung, die das Leben in Kuba nicht gerade erleichtert", so der 63- jährige Wissenschaftler des Forschungsinstituts der kubanischen Wirtschaft (CEEC). Doch die Tage der doppelten Währung, von Peso nacional (CUP) und dem an den US-Dollar gebundenen Peso convertible (CUC), sind gezählt.

Das hat zumindest der Präsident der Wirtschaftskommission des kubanischen Parlaments, Osvaldo Martínez, vor kurzem gegenüber der spanischen Tageszeitung El País behauptet und damit Gerüchte bestätigt, die in der kubanischen Hauptstadt kursieren. Die doppelte Währung schädige das nationale Selbstwertgefühl, so Martínez. Man benötige ein Minimum an Devisenreserven, um einen normalen Wechselkurs und neue Preis- und Lohnsysteme durchzusetzen. Argumente, die in Kuba von Fachleuten seit Jahren gebetsmühlenartig wiederholt werden. "Voraussetzung für die Währungsreform ist, dass der neuen Währung ein ausreichendes Warenangebot gegenübersteht. Dazu muss unsere Wirtschaft jedoch produktiver werden", so schilderte Wirtschaftswissenschaftler Omar Everleny vom CEEC schon vor einem Jahr das zentrale Dilemma. Das ist trotz der jüngsten Reformen unter Raúl Castro nur partiell der Fall. "Diese Maßnahmen haben nur einen kosmetischen Effekt", argumentiert die Bloggerin Yoani Sánchez. "Im Alltag hat sich kaum etwas geändert oder glauben Sie, dass wir Kubaner uns die neue Freiheit, in einem Hotel einzuchecken oder einen Computer, ein Mobiltelefon oder einen DVD-Rekorder zu kaufen, leisten können", fragt die 32-jährige Sprachwissenschaftlerin provokant. Um die 800 CUC kostet ein Laptop in den staatlichen Läden, für eine Nacht in einem Mittelklassehotel sind etwa 50 Chavitos, so wird der Devisenpeso auch genannt, zu entrichten. Der Lohn für normale Kubaner liegt bei durchschnittlich 400 Peso nacional, umgerechnet etwa 12,17 Euro.

Die Aufwertung des Peso nacional, über die in den Straßen Havannas derzeit debattiert wird, könnte daran etwas ändern. Doch einzelne isolierte Maßnahmen taugen nur für den Übergang. Gefragt ist ein neues einheitliches Wirtschaftsmodell, und beschlossene Sache ist, dass man sich von den kostspieligen doppelten Strukturen, auf der einen Seite die Peso-Bodegas, auf der anderen die Devisenpeso-Supermärkte, trennen will. Dazu gehört auch der angekündigte Abschied von einer Insignie der Revolution - der Libreta, dem seit 1962 geltenden Bezugsheft für Lebensmittel. Doch an deren Stelle müssen neue Fördersysteme für Rentner und arme Familien, die keine devisenschickende Verwandtschaft im Ausland haben, treten. Darüber, aber auch über neue Lohnmodelle, die neue Arbeitsmoral und Produktivität bringen sollen, wird in den Regierungszirkeln Havannas debattiert. Gleiches gilt für die Frage, wie weit man den Rahmen für Privatinitiative und Privatbesitz ausdehnen will, so Osvaldo Martínez gegenüber der El País. Seit Jahren werben kubanische Experten für die Verteilung von Ackerflächen, um die Landwirtschaft aus der Agonie zu befreien. Doch auch auf dem Wohnungsmarkt ist die Eigentumsfrage längst ein Thema: "Der freie An- und Verkauf von Häusern und Autos brennt uns Kubanern genauso unter den Nägeln wie die freie Ein- und Ausreise", erklärt Yoani Sánchez. Für die hat sich auch schon Raúl Castros Tochter Mariela starkgemacht. Allerdings bisher ohne jeden konkreten Erfolg. Politische Reformen scheinen auf der Agenda ihres Vaters nicht zu stehen.

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