Markus Lanz vertritt Johannes B. Kerner: Mehr ist weniger

Markus Lanz, das kommende Sendergesicht des ZDF, wollte in seiner ersten Urlaubsvertretung für Johannes B. Kerners vor allem eines: Nicht wie Kerner sein.

Herr Ober, zwei Beißhölzer für knallharte Investigativjournalisten bitte! Bild: dpa

Markus Lanz ist nicht Johannes B. Kerner. Und hat in seiner ersten Talkshow als Kerners Urlaubsvertretung alles daran gesetzt, dass ihn bloß niemand für Kerners Urlaubsvertretung hält. Damit auch das ZDF-Publikum auf Anhieb den frischen Wind bemerkt, der in den kommenden drei Monaten durchs Hamburger Studio wehen soll, hat Lanz Kerners Chefschreibtisch wegräumen lassen, weit weg. Den kann er nicht gebrauchen, der stört nur beim Nahkampf. Stattdessen sitzt er seinen Gesprächspartnern auf schicken Retrosesseln gegenüber.

In der ersten Sendung am Dienstag kam unter anderem Verona Pooth in dieses zweifelhafte Vergnügen. Sie trug ein ziemlich enges knallrotes Kleid - eine eigene Kreation? Natürlich hat Lanz danach nicht gefragt. Das wäre eine typische Kerner-Frage gewesen - zu seicht, zu anbiedernd. Für Lanz gab es nur ein Thema: die Insolvenz der Firma von Veronas Ehemann Franjo Pooth. Je länger das Gespräch dauerte, desto mehr mutierte es zum Verhör; und je mehr es zum Verhör mutierte, desto unsympathischer wurde Lanz in seinem überambitionierten Investigativgetue. Es wirkte aufgesetzt, wie eine Rolle, die er einstudiert hat, um sich von seinem Förderer Kerner abzugrenzen. Leider hat Lanz vergessen, dass harte Fragen allein noch keinen guten Journalisten ausmachen - die Nachfragen dürfen ihnen in nichts nachstehen. Und hier schwächelte Lanz, ließ Verona immer wieder ausbüchsen.

Man muss Kerner nicht mögen, um anzuerkennen, dass er im Fernsehen immer ganz bei sich wirkt - eine Qualität, die Lanz, bekannt geworden als Moderator von "RTL Explosiv", bei seinem Talkdebüt vermissen ließ. Am Freitag übernimmt er auch Kerners freitägliche Kochsendung - die sogar dauerhaft. Das ZDF will Lanz zum neuen Sendergesicht aufbauen. Damit das gelingt, muss dem Zuschauer aber klar sein, wofür Lanz steht. Bislang steht er für Ehrgeiz und Verbissenheit. Es sollten schon noch ein paar positiv besetzte Eigenschaften dazukommen.

In der Talkshow am Dienstag hat der fernsehbekannte Hamburger Psychologe Michael Thiel den von Lanz ins Gebet genommenen Betreibern einer überambitionierten Kita den Rat gegeben: "Weniger ist mehr." Das gilt übrigens auch für Moderatoren (und für Psychologen - oder gibts in Hamburg nur einen?).

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