Deutschland schlägt Polen: Podolskis fünftes Polen-Trikot

Die deutsche Offensive macht den Unterschied. Lukas Podolski trifft zwei Mal gegen Polen - und mag seine Treffer nicht richtig feiern. Aus Respekt vor seinem Geburtsland.

Zwei Seelen wohnen, ach, in seiner Brust: Podolski feiert im polnischen Trikot. Bild: ap

KLAGENFURT taz Er war einer der wenigen deutschen Spieler, die tauschten. Nach dem Spiel im Wörtherseestadion von Klagenfurt streifte Lukas Podolski ein rotes Leibchen über. Er hat jetzt schon einen ganzen Schwung Dresse aus Polen, mindestens fünf. Bei der Weltmeisterschaft 2006 schnappte er sich eins, und dann gab es noch eine Lieferung des ehemaligen polnischen Nationaltrainers Pawel Janas, der ihm drei polnische Nationaltrikots per Post zustellen ließ. Die Botschaft sollte lauten: Komm zu uns, spiel für Polen, wir würden dich willkommen heißen. Wie jeder weiß, kam es ganz anders. Aus Podolski wurde Poldi. Zusammen mit Schweini bildete er ein Duo infernale, das auf dem Platz Spaß hatte und in der fußballfreien Zeit auch.

Die siamesischen Zwillinge des deutschen Fußballs wurden mittlerweile getrennt. Podolski darf in der Startelf spielen, im Mittelfeld auf der linken Seite. Sebastian Schweinsteiger fällt derzeit eigentlich nur dadurch auf, dass auf seinem Kopf ein gewagtes Experiment mit Wasserstoffperoxid stattgefunden haben muss; so blond war er noch nie. Ausgerechnet auf Schweinsteigers Position reüssiert nun Podolski.

Bundestrainer Joachim Löw hat sie zu Konkurrenten gemacht, weil im Sturm kein Platz für Podolski ist und Schweinsteiger seit der vergangenen Weltmeisterschaft an bisweilen unerklärlichen Formschwankungen leidet. "Ich spiele da, wo mich der Trainer hinstellt",sagt Podolski. "Das ist seine Entscheidung". Und Schweini habe nach seiner Einwechslung doch auch ganz gut gespielt, teilte der "Man of the Match" vielleicht ein bisschen zu gönnerhaft mit.

Ergebnis: 2:0 (1:0)

Deutschland: Lehmann - Lahm, Mertesacker, Metzelder, Jansen - Fritz (55. Schweinsteiger), Frings, Ballack, Podolski - Klose (90.+1 Kuranyi), Gomez (75. Hitzlsperger)

Polen: Boruc - Wasilewski, Zewlakow, Bak, Golanski (75. Saganowski) - Dudka, Lewandowski - Lobodzinski (65. Piszczek), Zurawski (46. Guerreiro), Krzynowek - Smolarek

Schiedsrichter: Øvrebø (Norwegen)

Zuschauer: 30.000 (ausverkauft)

Tore: Podolski (20.,72.)

Gelbe Karten: Schweinsteiger / Lewandowski, Smolarek

Beste Spieler: Fritz, Frings, Podolski / Lobodzinski, Guerreiro

Ganz gut - das ließ sich über den Aufritt des Lukas Podolski gewiss nicht sagen. Der Profi des FC Bayern München machte ein formidables Spiel zum Auftakt der Europameisterschaft in der Schweiz und Österreich. Podolski schoss beide Tore zum 2:0-Sieg (20. und 74. Minute), er erfüllte Löws taktische Vorgaben par exzellence und scheint sich hinter den Spitzen eingerichtet zu haben.

Es ist ja in diesem Jahr ein paar Mal passiert, dass Podolski, der in der Bundesliga nur ein Ergänzungsspieler ist, im Nationalteam "groß aufzeigt", wie der Österreicher sagt. Er spürt das Vertrauen von Löw, des gesamten Trainerteams, und das scheint Podolski Sicherheit zu geben. In der Wohlfühlgemeinschaft des Deutschen Fußball-Bundes weiß er, dass man ihm und seinen exzeptionellen fußballerischen Fähigkeiten vertraut.

Hier ist er Teil eines 4-4-2-Systems, das im Spiel gegen Polen nahezu perfekt funktionierte. Podolski Aufgabe, "aus der Tiefe in die Spitze zu stoßen" (Löw) erledigte er zur größten Zufriedenheit des Bundestrainers. "Das ist mir heute ganz gut gelungen", sagte Podolski. "Er hat einfach ein unglaubliches Potenzial an Schnelligkeit", sagte Löw. "Außerdem hat er die unglaublich harten Trainingseinheiten, die wir zuletzt absolviert haben, sehr gut weggesteckt."

Ein ums andere Mal ließ Podolski seine Gegenspieler hinter sich. Bild: dpa

Aber Podolski hat dieses Spiel nicht allein gewonnen, natürlich nicht. Überzeugen konnten vor allem seine Offensivpartner. Mario Gomez und Miroslav Klose lauerten an den Nahtstellen der polnischen Viererkette, immer darauf gefasst, einen der blitzgescheiten Pässe aus dem Mittelfeld aufzunehmen, die gegnerischen Verteidiger hinter sich zu lassen und allein aufs Tor zu marschieren.

So hätte schon nach wenigen Minuten das 1:0 fallen müssen, doch nach einem nachgerade altruistischen Abspiel von Klose ging Gomez` Versuch knapp am rechten Pfosten vorbei. Die polnische Innenverteidigung um Jacek Bak und Michal Zewlakow konnte dem Schauspiel oft nur hilflos zuschauen. Sie schienen nicht vorbereitet zu sein auf den deutschen Offensivdruck.

Bak irrlichterte herum, hob mehrfach fahrlässig das Abseits auf, in dem er sich zu nah am Torwart postierte, und auch das defensive Mitteldeld der Polen war in der Drangphase der Deutschen irgendwie abwesend. Hinzu kam, dass Clemens Fritz über rechts und eben Podolski über links zeitweise für Überzahl im Sturm sorgten, was die Überforderung der polnischen Verteidigung nur noch steigerte.

So war denn Bundestrainer Löw auch voll des Lobes über seine Mannschaft. "Das haben wir souverän nach Hause gespielt", sagte er. "Von der Spielauffassung her war das sehr gut." Seine Elf hätte die taktischen Vorgaben, den Ball im Mittelfeld zu erobern und dann schnell nach vorn zu spielen, "hervorragend" umgesetzt. "Es war eine Demonstration der Willensstärke und der Konzentration."

Zwar ließ letztere in der zweiten Halbzeit, als die Polen aufkamen, etwas nach, doch das wollte Löw nicht überbewerten. "Es ist ein normales Verhalten, dass eine Mannschaft, die 1:0 vorn liegt, etwas nachlässt." Der deutschen Defensive attestierte Löw, "kaum" Fehler gemacht zu haben. Torhüter Jens Lehmann sei "sicher in vielen Bällen" gewesen. Nur von Kapitän Michael Ballack wurde nicht gesprochen. Das war auch nicht nötig. Er machte ein unauffälliges Spiel, im besten Sinne.

"Wie sind auf einen Gegner getroffen, der auf dem höchsten Level gespielt hat", sagte derweil Leo Beenhakker, Trainer der Polen. Er führe zwar ein gutes Team, aber es fehle ihm doch an Spielern, "die den Unterschied ausmachen können". Benhakker fehlt zum Beispiel ein Lukas Podolski, ein Kicker, der an diesem Abend nur ein paar Probleme mit dem Torjubel hatte.

Urarmung mit dem Vater: Podolski (in Lewandowskis Trikot) nach dem Spiel bei seiner Famile. Bild: ap

Er habe die Treffer nicht zelebrieren wollen, erklärte er, weil "man muss auch ein bisschen Respekt haben für das Land, und das habe ich nach den Toren auch gemacht". Er ist in Polen geboren. Ein Großteil seiner Familie lebt in Polen. Und sie haben ihm zugeschaut im Stadion. Lukas Podolski hat sie nach dem Abpfiff im Stadion besucht. Im polnischen Trikot.

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