Giftiges Pflanzenschutzmittel bedroht Insekten: Bayer soll für tote Bienen zahlen
Ein Pflanzenschutzmittel von Bayer ist schuld am Bienensterben am Oberrhein. Jetzt soll der Konzern Imkern Schadenersatz bezahlen.
BERLIN taz Der Tod von Millionen Bienen am Oberrhein ist aufgeklärt: Das Julius-Kühn-Institut in Braunschweig - es untersteht dem Agrarministerium - hat die Bienen in den letzten Monaten untersucht. Die Experten wiesen das Gift Clothianidin in den toten Bienen nach. Die Substanz steckt im Pflanzenschutzmittel, das der Chemiekonzern Bayer verkauft.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat es zwar zunächst aus dem Verkehr gezogen. Am Freitag trafen sich Imker, Bayer und Wissenschaftler und Vertreter des Landesagrarministeriums in Karlsruhe, um über Schadenersatz zu verhandeln.
Clothianidin ist Bestandteil des Beizmittels Poncho Pro, das den Maiswurzelbohrer bekämpfen soll. Dieser Käfer ist gefräßig und macht den deutschen Maisbauern seit letztem Jahr zu schaffen. Darum steht er unter Quarantäne: Er kommt aus Frankreich und der Schweiz. Dort wo er die deutsche Grenze überschreitet, hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Sicherheitszonen eingerichtet. Das heißt: Der Mais wurde dort vor seiner Aussaat im Frühjahr in Clothianidin getränkt. Dabei war das Gift längst umstritten: In Italien und Frankreich hatten Imker schlechte Erfahrungen mit dem Wirkstoff gemacht und vor seinem Einsatz gewarnt.
"Das Ministerium hätte das wissen müssen", kritisiert Manfred Raff, der stellvertretende Vorsitzende der badischen Imker. Bauern könnten den Maiswurzelbohrer eigentlich auch bekämpfen, indem sie eine Fruchtfolge einhielten - also ein Jahr Mais, das Jahr drauf aber etwa Raps säen. Die Chemie ist nicht nötig, argumentiert der Imker. Für ihn und seine 700 Kollegen der betroffenen Region traten im Mai die schlimmsten Befürchtungen ein: Millionen Bienen verendeten. Das zuständige Bundesamt zog die Zulassung für Poncho Pro und sieben weitere Mittel "bis auf Weiteres" zurück. Doch Bayer kämpft derzeit für die Wiederzulassung dieser Stoffe. Der Chemiekonzern sieht den Fehler bei den Nutzern. Auf seiner Homepage erklärt das Unternehmen: Das Pflanzenschutzmittel habe die Bienen nur erreicht, weil Partikel davon mit der Abluft der Sämaschinen auf benachbarte Raps- und Obstfelder gelangt seien. Das wäre nicht passiert, so heißt es dort weiter, wenn das Pflanzenschutzmittel vorher ordnungsgemäß auf die Maissaat aufgetragen worden wäre. Bayer macht ein Zugeständnis: Der Konzern will nun mit Saatgutfirmen und Sämaschinenherstellern neue, sicherere Techniken erforschen.
Die badischen Imker halten davon nichts. "Diese Mittel müssen verboten werden", fordert Manfred Raff. Das Agrargift sei nicht zu kontrollieren. "Selbst bei hoher Verdünnung ist der Stoff hochtoxisch", meint er. Er und seine Kollegen können nun erst mal mit Schadensersatz rechnen. "Es wird Hilfszahlungen der Firma Bayer geben", so sagte Isabel Kling, die Sprecherin im baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium, am Freitag zur taz. Das Ausmaß der Schäden werde jetzt genau ermittelt.
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