Simbabwe vor der Stichwahl: Die Opposition verlangt die Macht

MDC-Führer Tsvangirai ruft Afrika auf, eine Übergangsregierung in Simbabwe einzusetzen. Vor der Stichwahl fühlen sich sowohl er als auch Mugabe durch ihr Taktieren gestärkt.

Oppositionsführer Morgan Tsvangirai musste sich in die niederländische Botschaft flüchten, um den Häschern Mugabes zu entgehen. : dpa

HARARE taz Simbabwes Oppositionsführer Morgan Tsvangirai hat die internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, sich in Simbabwe einzumischen. Eine Wahl könne die Krise des Landes nicht mehr lösen, erklärte der Chef der "Bewegung für Demokratischen Wandel" (MDC) am gestrigen Mittwoch vor Journalisten in seinem Haus in der Hauptstadt Harare. Tsvangirai verließ für diese Pressekonferenz kurz die niederländische Botschaft, in die er sich zur eigenen Sicherheit geflüchtet hat. Am Sonntag hatte sich Tsvangirai aus der für den morgigen Freitag angesetzten Stichwahl um das Präsidentenamt zurückgezogen.

"Wir schlagen vor, dass ein Vermittlungsteam der Afrikanischen Union (AU) aus eminenten Afrikanern eine Übergangszeit proklamiert, die den Willen des simbabwischen Volkes respektiert", so Tsvangirai. Die UNO und die Regionalgemeinschaft SADC (Southern African Development Community) müssten Druck auf Simbabwes Präsident Robert Mugabe ausüben, die Stichwahl abzusagen und der Einsetzung einer Übergangsregierung zuzustimmen.

Die MDC stehe zu Verhandlungen vor neuen Wahlen bereit. Dafür aber müsse die Regierung die Gewalt beenden und alle politischen Gefangenen freilassen. Nach MDC-Angaben sind im Wahlkampf zur Stichwahl 86 ihrer Unterstützer ermordet, 10.000 verwundet und über 200.000 von Milizen vertrieben worden.

Ein Schlüsselmitglied des MDC-Vorstandes, Eddie Cross, erklärt, die Übergangsregierung solle alle Parteien einschließen, die bei den Parlamentswahlen vom 29. März Sitze gewonnen hatten - also die Zanu-PF (Zimbabwe African National Union - Patriotic Front) von Präsident Mugabe, die MDC sowie eine kleinere MDC-Abspaltung. Sie solle ein Stabilisierungs- und Sanierungsprogramm durchführen und danach neue Präsidentschaftswahlen organisieren.

"Es ist völlig klar, dass Mugabe in einer solchen Regierung keine Rolle mehr spielen darf", so Cross. "Er hat die Wahlen vom 29. März klar verloren. Die einzige Person, die eine solche Übergangsregierung führen kann, ist Morgan Tsvangirai, außer wenn sie nur für wenige Monate bis zu Neuwahlen amtiert."

Ebenfalls gestern traf sich die Troika, die das Sicherheitsorgan der regionalen Gemeinschaft SADC führt, in Swasiland zu einem Sondergipfel zu Simbabwe. Die Troika besteht aus Angola, Sambia und Swasiland. Auch der amtierende Vorsitzende der AU, Tansanias Präsident Jakaya Kikwete, nahm an dem Treffen teil, nicht aber Südafrikas Präsident Thabo Mbeki - eigentlich der von der SADC berufene Vermittler für Simbabwe.

Aus MDC-Sicht ist Mbeki als Vermittler nicht mehr tragbar. Südafrika solle seine Vermittlerrolle jemandem übertragen, der mehr Distanz zur Region und zu Simbabwes Regierung habe, so Eddie Cross. "Dann könnten Südafrika und die SADC die Rolle der Erzwingung übernehmen statt die der Vermittlung."

Für Präsident Mugabe kommt eine Machtteilung nicht infrage. Er denunziert Tsvangirai bei jeder Gelegenheit als "Marionette" weißer Interessen. Aus Sicht der Regierung ändert Tsvangirais Rückzug von der Stichwahl nichts daran, dass diese zweite Wahlrunde am Freitag stattfinden wird. Mugabe sei siegessicher und wolle mögliche Gespräche nach den Wahlen aus einer Position der Stärke angehen, meinen Beobachter in Harare. Der Präsident sei sich nämlich sehr bewusst, dass die MDC seit dem ersten Wahlgang vom 29. März die Mehrheit der Parlamentssitze hält, mit 109 Mandaten für ihre beiden Fraktionen gegen 97 für die Zanu-PF.

So besteht jetzt die paradoxe Situation, dass Mugabe wie auch Tsvangirai sich vom Wahltermin des Freitags eine politische Stärkung erhoffen, obwohl die Wahl ihren Sinn verloren hat. Tsvangirai hofft, dass nach seinem Rückzug nur noch wenige Bürger zur Wahl gehen und dass danach der internationale Druck auf Mugabe zunimmt.

Lovemore Madhuku, Vorsitzender des oppositionellen Dachverbandes für Verfassungsreformen National Constitutional Assembly, sagt, Tsvangirai könne sich rechtlich gesehen zwar gar nicht mehr aus der Stichwahl zurückziehen, aber sein Schritt sei dennoch für Mugabe ein Problem. "Mugabe weiß, dass er jetzt von der Stichwahl nicht mehr die Legitimität bekommen kann, die er so dringend will." SHAKEMAN MUGARI

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