Es war einmal ein Märchen

KINDERBÜCHER Seit Wochen tobt der Streit, ob Wörter wie „Neger“ getilgt werden müssen. Sprachschützer gehen auf die Barrikaden und pochen auf Werktreue, doch Verlage sagen: Nachträgliches Ändern ist völlig normal ➤ Seite 3

Das Märchen vom Schlauraffenland (Originalfassung 1815)

„In der Schlauraffenzeit da ging ich und sah an einem kleinen Seidenfaden hing Rom und der Lateran, und ein fußloser Mann, der überlief ein schnelles Pferd, und ein bitterscharfes Schwert eine Brücke durchhauen; da sah ich einen jungen Esel mit einer silbernen Nase der jug hinter zwei schnellen Hasen her, und eine Linde, die war breit, auf der wuchsen heiße Fladen, da sah ich eine alte dürre Geis, trug wohl hundert Fuder Schmalzes an ihrem Leibe und sechzig Fuder Salzes.

Da sah ich zackern einen Pflug, ohne Roß und Rinder, und ein jähriges Kind warf vier Mühlensteine von Regensburg bis nach Trier und von Trier hinein in Strasburg; und ein Habicht schwamm über den Rhein, das that er mit vollem Recht, da hört’ ich Fische miteinander Lärm anfangen, daß es in den Himmel hinauf scholl, und ein süßer Honig floß wie Wasser von einem tiefen Thal auf einen hohen Berg. (…)“

Das Märchen vom Schlaraffenland(heutige Fassung) „Ich weiß ein Land, dahin mancher gern ziehen möchte, wenn er wüsste, wo es liegt. Dieses schöne Land heißt Schlaraffenland.

Da sind Häuser gedeckt mit Eierkuchen, die Türen sind von Lebzelten und die Wände von Schweinebraten. Um jedes Haus steht ein Zaun, der ist aus Bratwürsten geflochten. Aus allen Brunnen fließt süßer Wein und süßer Saft. Wer den gern trinkt, braucht nur den Mund unter das Brunnenrohr zu halten, und der süße Saft rinnt ihm nur so hinein.

Auf den Birken und Weiden, da wachsen frisch gebackene Semmeln, und unter den Bäumen, da fließen Milchbäche. Die Semmeln fallen in sie hinein und weichen sich selbst ein. Das ist etwas für die Kinder, die sich gern einbrocken! Hallo, Gretel, hallo, Hansel ! Wollt ihr nicht in dieses Land ziehen? Macht euch auf zum Semmelbach, vergesst aber nicht, einen großen Milchlöffel mitzunehmen! (...)“