Ausgrabungen: Kurfürst gesucht, Müll gefunden
Archäologen graben den Schlossplatz in Berlin-Mitte um, auf der Suche nach Spuren der Stadt Cölln.
Bei den Ausgrabungen auf und um den Schlossplatz in Mitte sind die Archäologen auf ältere Fundstücke gestoßen als zunächst erwartet. "Wir haben unter anderem Haushaltsabfälle aus der Frühzeit vor 1200 gefunden, die auf Besiedelung hindeuten", sagte der Archäologe Michael Malliares am Mittwoch. Ursprünglich hatten sich die Forscher nur Funde zum Dominikanerkloster mit der Domkirche, das einst auf dem Platz stand, erhofft.
"Im Moment arbeiten wir uns vom Eingangsbereich zum Chor der Kirche vor", erklärt Malliares. Die dabei gefundenen älteren Fundstücke stammten aus der Frühzeit von Cölln. Das war eine der beiden Städte, die im späten Mittelalter
zu der Stadt Berlin-Cölln, dem Vorgänger von Berlin, zusammenwuchsen. Die Funde werfen nun ein neues Licht auf die mittelalterliche Stadt. "Wie wollen erforschen, ob die Besiedlung womöglich eine größere Ausdehnung hatte als bisher bekannt", sagte Landeskonservator Jörg Haspel. Das Kloster datieren die Forscher auf die Zeit um 1300. Es lag damals am nördlichen Rand der Stadt Cölln.
Gleichzeitig geht mit der Grabung auch eine Suche weiter, die bereits 1880 begonnen hatte. Damals wollten Forscher die Gräber von drei Kurfürsten, die sie in der Kirche vermuteten, aufspüren. Gefunden haben sie die Gräber nicht. "Aber sie haben hier gewütet wie die Schweine", sagte Peter Fuchs vom Landesdenkmalamt. Damit bezieht er sich vor allem auf die Schwierigkeiten, die die Archäologen heute haben. Denn die Überreste wurden mit Baumaterialien aufgeschüttet - und die müssen jetzt erst mal mit einem Bagger abgetragen werden.
Auch sonst haben es die Forscher nicht leicht: Ein gerade mal sechs Seiten langer handschriftlicher Bericht dokumentiert den Stand der Ausgrabungen vor mehr als 100 Jahren. Dazu kommen Probleme mit der heutigen Infrastruktur: 50 bis 80 Leitungen, so schätzt Fuchs, verlaufen durch den Ausgrabungsbereich. "Und für einen Teil davon fühlt sich niemand zuständig". Bei alten Wasserleitungen müssten die Forscher drum herum graben, weil den Wasserbetrieben eine Verlegung zu teuer sei.
Die Ausgrabungen stehen in Verbindung mit dem Humboldt-Forum, das auf dem Schlossplatz geplant ist. Das Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik will hier zusammen mit der Humboldt-Universität eine Forschungs- und Bildungseinrichtung schaffen. Bis November läuft noch die letzte Runde des Architektenwettbewerbs. Die jetzt freigelegten Fundamente sollten in den Bau des Humboldt-Forums integriert werden. Wer so lange nicht warten will: Am Tag des offenen Denkmals am 13. und 14. September sind die Ausgrabungsstätten um dem Schlossplatz zu besichtigen.
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