Junge Politik: Linke und Grüne im Zimmer mit Aussicht

Junge Politiker von Linkspartei und Grünen sind mit dem Kurs ihrer Parteien unzufrieden und suchen hoch über der Stadt nach gemeinsamen Inhalten

"Das war eigentlich längst überfällig", meint der Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux. Am Donnerstagabend nach der Parlamentssitzung trafen sich der 26-Jährige und seine Kollegin Clara Herrmann mit den beiden Linkspartei-Politikern Benjamin Hoff und Steffen Liebich. Denn Lux ist unzufrieden mit seiner Partei: "Ich habe den Eindruck, dass die Grünen gerade zu einseitig neue Bündnisoptionen mit der CDU ausloten und die Linkspartei dabei aus dem Blick gerät." Der Landesverband der Grünen lädt für Montagabend zur öffentlichen Debatte über das Thema "Widerspruch oder Chance: Grün-Schwarz".

Die Chancen sieht Lux eher auf der anderen Seite. Das Grün-Linke-Treffen in der Bar "Solar" am Anhalter Bahnhof im 17. Stock habe gezeigt, "dass wir inhaltlich viele Überschneidungspunkte haben", sagt Lux, etwa bei Armutsbekämpfung, Integration, innerer Sicherheit und Bürgerrechten.

Auch Stefan Liebich will, dass "die Brücke zwischen Linken und Grünen nicht zerstört wird". Liebich war mit seinen 35 Jahren bereits Landes- und Fraktionsvorsitzender der Linken. Im Gespräch mit den Grünen sei es natürlich immer leicht, sich gegenseitig vorzuwerfen, welche lausigen Kompromisse die Grünen früher in der Bundesregierung gemacht haben und die Linken jetzt in der Landesregierung, meint Liebich. Wenn man auf dieses "Spiel" verzichte, dann gebe es "eine Reihe von Fragen, bei denen die Schnittmengen mit den Grünen größer sind als die mit der SPD", etwa bei der Migrations- und Flüchtlingspolitik oder den Bürgerrechten. Langfristig solle auch die Perspektive einer links-grünen Koalition nicht völlig zu den Akten gelegt werden, auch wenn es aktuell längst nicht für eine Mehrheit reicht: "In Friedrichshain-Kreuzberg immerhin reicht es inzwischen zu einer links-grünen Koalition ohne die SPD", so Liebich.

Clara Herrmann, 23-jährige Grünen-Abgeordnete, freute sich über die "angenehme Atmosphäre" bei dem Treffen. Auch sie macht sich Sorgen um den Kurs ihrer Partei: "Natürlich muss man in einem Fünfparteiensystem auch nach anderen Optionen schauen als nur nach einer Koalition mit der SPD. Wenn man aber über eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP diskutiert, darf man in die andere Richtung zur Linkspartei hin keine Scheuklappen aufsetzen."

Gegen Scheuklappen ist auch Benjamin Hoff, Staatssekretär von Umweltsenatorin Katrin Lompscher: "Wir sind jetzt seit ein paar Jahren an der Regierung, die Grünen in der Opposition. In diesen Rollen ist man ja nicht immer nur nett zueinander, auch wenn es eigentlich viele Gemeinsamkeiten gibt." Da wollte der 32-Jährige ausloten, wie politische Bündnisse denn sonst noch aussehen könnten: "Wenn Volksparteien immer kleiner werden und die kleinen Parteien immer wichtiger werden, werden langfristig vielleicht ganz neue Bündnisse möglich." Deshalb werde es nach der Sommerpause auf jeden Fall weitere Treffen geben.

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