Der Kampfradler

Bernhardt Stoevesandt stört es nicht, wenn man ihn „Bremens Mister Anti-Atom“ nennt. Zwar ist der 42-jährige Physiker beileibe nicht der einzige Atomkraftgegner in Bremen. Aber er ist derjenige, der regelmäßig sein Foto und seine Mobilnummer hergibt, wenn die Presse anruft, weil eine Anti-Atom-Demonstration ansteht. „Irgendjemand muss das ja machen, das gehört dazu“, sagt Stoevesandt, findet es aber doch oft genug merkwürdig, wenn ihn Arbeitskollegen oder andere Leute auf sein Engagement ansprechen.

Seit kurzem fragen sie ihn nicht mehr nur nach seiner Meinung zu Atomtransporten, sondern auch zu „Kampfradlern“. Diesen Lieblingsbegriff von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will Stoevesandt neu besetzen. Im vergangenen Jahr rief er – gewiss mit MitstreiterInnen – die bundesweite Kampagne „Wir sind Kampfradler_Innen“ ins Leben. Als Reaktion auf Ramsauers Tiraden gegen „verrohte“ Radler, die „unter den Augen von Polizisten rote Ampeln und jede Verkehrsregel missachten“, wie er im April in einem Interview sagte.

Gestern reagierte der Kampfradler Stoevesandt auf Ramsauers Ankündigung vom Freitag, die Bußgelder bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung von Radfahrern zu erhöhen. „Wer sich darüber beschwert, dass RadlerInnen immer rote Ampeln ignorieren, sollte darüber nachdenken, wie es sich anfühlt an Ampeln minutenlang im Regen zu stehen, während daneben AutofahrerInnen weiterhin in die gleiche Richtung freie Fahrt behalten“, heißt es in einer Pressemitteilung der Kampagne. Diese fordert, die Verbotsübertretungen als Ausdruck eines „gesellschaftlichen Konflikts“ zu betrachten, in dem dem Autoverkehr mehr Rechte zugestanden werden als anderen. Obwohl gerade in den Städten „immer mehr Menschen“ das umweltfreundlichere Rad benutzen.

Diese Ungerechtigkeit beschäftigte Stoevesandt schon zu Schulzeiten. Seine Schule lag an einer vielbefahrenen Straße, die ausgebaut werden sollte. Der Schüler wollte sich dagegen wehren und landete bei der Jugendorganisation des BUND. Kurz darauf demonstrierte er das erste Mal in Gorleben.  EIB