Jürgen Trittin über CSU als "wahre Grüne": "Etikettenschwindler in Weiß-Blau"

Der Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin wirft der CSU Täuschung vor: Die vermeintlich "wahren Grünen" verhinderten den Ausbau erneuerbarer Energien.

"Wenn diee CSU so grün ist, soll "Herr Söder mal beantworten, warum genveränderter Mais in Bayern immer nur auf staatlichen Anbauflächen angebaut wird." Bild: rtr

taz: Herr Trittin, Sie bekommen Konkurrenz. Der CSU-Staatsminister Markus Söder sagt neuerdings, in seiner Partei seien "die wahren Grünen".

Jürgen Trittin: Wenn das stimmt, dann muss Herr Söder mal beantworten, warum genveränderter Mais in Bayern immer nur auf staatlichen Anbauflächen angebaut wird. In dieser Frage ist sein Parteifreund, Landwirtschaftsminister Horst Seehofer, in der Bundesregierung eingeknickt. Da läuft ein Etikettenschwindler in Weiß-Blau durch die Presse.

Söder bedauert süffisant, für die Grünen stehe die Umweltpolitik nicht mehr im Mittelpunkt, für die CSU hingegen schon.

Wo stellt die CSU das denn unter Beweis? Wenn die Landesregierung es unterlässt, in München etwas gegen die Feinstaubbelastung zu unternehmen? Wenn sie gleichzeitig jeden Bau einer neuen Autobahn bejubelt? Oder wenn die CSU fordert, die Menge des Atommülls zu verdoppeln?

Sie meinen den aktuellen Vorschlag des CSU-Vorsitzenden Erwin Huber, die Laufzeit von Atomkraftwerken auf bis zu 60 Jahre zu verlängern, um die Strompreisentwicklung zu dämpfen.

Das ist nicht ökologisch. Und es ist nicht plausibel. Warum sollte man den Großkonzernen, die mit ihren Atomkraftanlagen heute schon pro Tag und Anlage eine Million Euro Reingewinn machen, diese Möglichkeit noch 30 weitere Jahre einräumen? Das Ergebnis wäre: Wir hätten weiterhin keinen Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt und langfristig steigende Energiepreise. Fragen Sie mal bayerische Unternehmer, die im Bereich der erneuerbaren Energien arbeiten. Die fühlen sich von ihrer Landesregierung ganz und gar nicht gefördert. In Bayern wird flächendeckend eine Verhinderungspolitik betrieben gegen den Ausbau erneuerbarer Energien. Das gilt beispielsweise für Wind-, aber auch und gerade für Biogasanlagen. Die CSU macht hier militante Antierneuerungspolitik, die bis an den Rand des Rechtsbruchs reicht.

Lässt sich in Bayern, das 70 Prozent seiner Energie aus Atomkraft bezieht, gegen eine Laufzeitverlängerung tatsächlich erfolgreich Wahlkampf machen?

Auch die Bayern sind so schlau, dass sie heute wissen: Eine Autarkie bei der Energie gibt es dort ebenso wenig wie auf Helgoland. Es gibt Energiesicherheit nur im europäischen, über die EU hinausgehenden Verbund.

Die CSU fürchtet um ihre absolute Mehrheit. Werden die Grünen im Herbst bereit stehen, um mit der Union zu koalieren?

CSU-Chef Huber hat gerade erst erklärt, die Atomkraft sei für ihn der Kern des Wahlprogramms der CSU. Deshalb sehe ich für Kooperationen in Bayern schwarz. Ein Grund mehr, diese Partei endlich in die Opposition zu schicken. Es kann ja nicht sein, dass wir uns alle das Maul darüber zerreißen, dass Kuba und China so lange von einer Partei regiert werden, während in Bayern das Gleiche passiert.

Und wie steht es 2009 mit Schwarz-Grün im Bund?

Die Union will den vier Energiemonopolisten weiter außerplanmäßig Extraprofite bescheren. Damit begibt sie sich in eine sehr scharfe Konfrontation mit den Grünen. Aber auch mit Ökologie und Verbraucherschutz.

INTERVIEW: MATTHIAS LOHRE

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.