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Airlines ächzen unter SpritpreisenRyanair-Chef prophezeit Pleiten

Kapitalismus vom Feinsten: Michael O`Leary glaubt, dass in Europa bald Airlines pleite gehen. Nach diesem "Marktreinigungsprozess" blieben nur vier übrig, darunter natürlich Ryanair.

Ein Flugzeug hebt ab - und mit ihm Ryanair-Chef Michael O`Leary. Bild: Reuters

FRANKFURT/M. taz Michael OLeary, Chef der Billigfluglinie Ryanair, konnte sich am Freitagmorgen nur noch kurz über den Streik beim Konkurrenten Lufthansa freuen, von dem das Unternehmen mit Stammsitz in Irland mit einem "deutlichen Passagierzuwachs die letzten Tage" profitierte. Noch vor Beginn der Pressekonferenz von Ryanair zu den Auswirkungen der hohen Kerosinpreise auf die Branche vermeldeten "der Kranich" und die Gewerkschaft Ver.di die Einigung im Tarifstreit. Jetzt müsse man bei Ryanair eben wieder selbst für den Zuwachs an Passagieren sorgen, meinte OLeary.

Mit Verweis auf die "gestiegene Zahl von Buchungen" wegen des Ausstandes bei der Lufthansa hatte zuvor schon Air Berlin versucht, seine Aktionäre zu beruhigen, die von Analysten der Investmentbank Dresdner Kleinwort in Panik versetzt worden waren. Die Airline verfüge über eine "angegriffene Bilanzstruktur", hieß es - ihr Aktienwert tendiere "gegen null". Ein gefundenes Fressen für OLeary, der glaubt, dass es auch bei anderen Airlines "rumort" und einige den kommenden Winter - die "Sauregurkenzeit" für Fluggesellschaften - nicht überleben würden. Am Ende dieses "Marktbereinigungsprozesses" könnten dann in Europa nur vier große Airlines übrig sein: Lufthansa, BA, Air France und Ryanair.

Die hohen Spritpreise machen der Branche zu schaffen. Und es wird mit immer härteren Bandagen um Passagiere, Fracht und Marktanteile gekämpft. Die angeschlagene Billigfluglinie Easyjet muss ihre Base in Dortmund wohl schließen; ein Prüfungsverfahren dazu läuft aber noch. Und auch Ryanair hatte Probleme. Die Airline verzeichnete in den ersten drei Monaten des am 1. April anfangenden neuen Geschäftsjahres einen Gewinneinbruch von 85 Prozent auf 21 Millionen Euro. Da der Ölpreis aber gerade "im Sinkflug" begriffen sei, werde sich die Ertragslage bei Ryanair bald wieder verbessern, so die Prognose von OLeary. Aus reiner Freude darüber verkauft Ryanair noch bis Montag (Mitternacht) 300.000 Tickets für (Hin-)Flüge zu Zielen überall in Europa für 3 Euro, inklusive Steuern und Gebühren.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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1 Kommentar

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  • WM
    Walter Mundt

    Michael O'Leary ist ein Schreihals, der es versteht die Medien zu instrumentalisieren und ihm kostenlos eine (Werbe-)Plattform zu bieten. Egal was für einen Unsinn er auch von sich gibt, die Presse schreibt es sofort - so als hätte der Prophet gesprochen.

     

    Die Fakten scheinen keinen mehr zu interessieren, denn sonst hätte die Berichterstattung in den letzten vier Wochen anders ausgesehen. Die Journalisten hätten dann vielleicht mal kritisch nachgefragt, was Ryanair substantiell anders macht. Dabei wäre rauskommen: Nichts. Im Gegenteil. Ryanair hat im Gegensatz zu seinem deutschen Widersacher Air Berlin keine Ölpreisabsicherung, Ryanair hat im Gegensatz zur Lufthansa keinen großen Geschäftskundenstamm, Ryanair hat im Gegensatz zu Easyjet keine wirklichen touristischen Alternativen im Programm. Alles zielt dort auf den Kurzurlauber ab, der fliegt weil es billig ist. Jetzt wo die Preise explodieren kommt ans Tageslicht, dass Ryanair in einer tiefen Krise steckt und das Jahresergebnis mit 60 Millionen Euro Verlust verhageln wird. Gehälter werden eingefroren, das Personal entlassen und ganz nebenbei wird von den eigenen Problemen abgelenkt, in dem man Konkurrenten vor der Pleite sieht.

     

    Hoffentlich werden es die Medien diesmal etwas kritischer sehen und Michael O'Leary nicht wieder eine kostenlose Werbekampagne anbieten. Ansonsten müsste man denen wegen schlechter Recherche das Zeilengeld kürzen.