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EnBW-Sprecher über Strom-Sozialtarife"Der Staat ist zuständig"

EnBW-Sprecher Ommeln lehnt Sozialtarife für Strom, wie sie SPD-Politiker Scheer vorschlägt, ab. Die Kosten dafür müssten letztendlich alle Verbraucher tragen.

EnBW fühlt sich für Stromlieferung zuständig - nicht für den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft. Bild: dpa

taz: Herr Ommeln, eine zunehmende Zahl Ihrer Kunden kann die steigenden Energiekosten nicht mehr bezahlen. Warum reagiert EnBW nicht und bietet einen Sozialtarif für Strom an, mit dem ärmere Bevölkerungsgruppen die Basisversorgung kostenlos erhalten?

Dirk Ommeln: Die Zahl der Kunden der EnBW, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten, ist in etwa gleichbleibend niedrig. Aber trotzdem nehmen wir jeden dieser Fälle ernst. Wenn unsere Kunden unverschuldet in Zahlungsunfähigkeit geraten, suchen wir daher individuelle Lösungen.

Wie sehen solche Lösungen aus?

Teil dieser Lösungen sind Beratungsgespräche. Wir erklären, wie Strom effizient genutzt werden kann, um weniger zu verbrauchen und Kosten zu begrenzen. Dies fängt beim Hinweis auf Stand-by-Schaltungen etwa am Fernseher oder Computer an und geht bis zu komplexeren Beratungen.

Stellen Sie den Leuten Stromspartechnik kostenlos zur Verfügung?

Die meisten Leute wollen doch gar nichts geschenkt bekommen. Wir beraten, wie man sich ökonomischer verhalten kann, welcher Einspareffekt sich beispielsweise erzielen lässt, wenn man Energiesparlampen kauft.

Den Kunden, die nicht zahlen können, schalten die Versorger den Strom ab. In wie vielen Fällen ist es bei EnBW in diesem Jahr dazu gekommen?

Die Androhung von Stromsperren ist für uns das letzte Mittel, und dieses wollen wir vermeiden. Daher droht eine Stromsperre in den seltensten Fällen. Bei uns liegen sie im unteren Promillebereich.

Wäre es für Ihr Unternehmen nicht einfacher, billiger und imagemäßig vorteilhafter, eine grundsätzliche Lösung zu wählen?

Wir betrachten unsere Kunden als Individuen. Passgenaue Lösungen sind zwar aufwendig, in der Regel halten wir sie aber für besser als solche Lösungen, die alle über einen Leisten schlagen. Außerdem vertragen sich Sozialtarife nur schwer mit der Marktwirtschaft.

Gibt es ein Grundrecht auf Energieversorgung, das nicht nur der Staat, sondern auch die Unternehmen einräumen müssten?

Es gibt ein Grundbedürfnis nach Energie, wie auch nach Mobilität und Information. Seltsamerweise fordert in anderen Bereichen niemand, dass Dienstleistungen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Befürchten Sie, dass ein Sozialtarif den Gewinn Ihres Unternehmens schmälern würde?

Das ist für mich hier nicht die zentrale Frage. Die Frage ist doch: Wie definiert der Staat seine Rolle? Welche Aufgaben sollen Unternehmen und der Staat in der Marktwirtschaft erfüllen? Wer definiert in unserer Gesellschaft Bedürftigkeit, und wer ist für einen sozialen Ausgleich in unserer Gesellschaft zuständig?

Und?

Der Staat ist dafür zuständig.

Die SPD im Bundestag arbeitet bereits an einem Gesetzentwurf, um Sozialtarife einzuführen.

Ich würde mir wünschen, dass man dann auch deutlich sagt, dass die Kosten für einen Sozialtarif schlussendlich alle Verbraucher tragen müssen. INTERVIEW:HANNES KOCH

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1 Kommentar

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  • N
    nomeh

    Sozialtarife sind eine perverse Idee, weil sie die Ärmeren nur noch abhängiger vom Reichtum macht: Ärmere werden dazu gezwungen, zu den superreichen EnBW und Co. zu wechseln, die sich wiederum einen Scheißdreck um Umweltschutz und soziale Sicherungssysteme kümmern! "Der Staat ist zuständig." Das wundert insofern und insoweit nicht, wo PolitikerInnen (z.B. Clement...) häufiger mal die Manager einer herrschaftsaffirmativen, zerstörerischen Wirtschaft sind. Der Staat ist - um es kurz und prägnant zu formulieren - nicht allein zuständig, sondern wir alle sind das letztlich auf verschiedene Weisen. So auch EnBW, obgleich genau dies abgestritten wird.

     

    Eine emanzipatorische, soziale Strategie wäre hingegen, EnBW und Co. stärker mit Abgaben zu belasten, die wiederum in soziale Sicherungsysteme investiert werden, sprich: die Sozialleistungen (Hartz IV und wie die anderen jeweils heißen mögen; meinetwegen auch Grundeinkommen, aber zu der Frage müsste man noch viel mehr als hier möglich erörtern) müssten wesentlich erhöht werden. Dann braucht es 1.) keine dämlichen Sozialtarife, die die Bezieher nur noch abhängiger von den antiökologisch-antisozialen Stromriesen in Deutschland machen und 2.) wären EnBW und Co. weiterhin und weitergehend für ihre schreckliche Umwelt- und Sozialpolitik durch eine gewisse Marktmacht der VerbraucherInnen boykottierbar, da auch Ärmere die Möglichkeit haben, zu echtem Ökostrom (Naturstrom, Schönauer Elektrizitätswerke, Greenpeace Energy oder - mit etwas mehr zögern genannt - Lichtblick) zu wechseln.

     

    "Ich würde mir wünschen, dass man dann auch deutlich sagt, dass die Kosten für einen Sozialtarif schlussendlich alle Verbraucher tragen müssen."

     

    Die Gewinne von EnBW und Co. sind absolut gigantisch. Sozialtarife (wenn sie denn sinnvoll wären, was sie in der diesigen Situation jedoch meiner Meinung nach nicht sind) würden ihnen also so gut wie gar nicht oder nur geringfügig wehtun. (Jede ökologische, soziale, emanzipatorische Regelung tut dem Neoliberalismus und der in ihm ausgedrückten Herrschaftsstrategie und Gewalt "weh".) Die Argumentation, alle Verbraucher müssten die Kosten für die Sozialtarife tragen, ist daher völlig reaktionär.