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Magazine im InternetNapster lässt grüßen

Einscannen, hochladen, lesen: www.mygazines.com ist eine Tauschbörse für Zeitschriften. Doch was ist mit den Urheberrechten?

Nur Heruntenladen lassen sich die Zeitschriften noch nicht. Bild: screenshot/www.mygazines.com

"Alles, was digital sein kann, wird es auch werden": Mit diesem Spruch bewarb die amerikanische Online-Werbeagentur Razorfish Ende der 90er ihre teuren Dienste. Die Firma existiert in ihrer Ursprungsform nach dem großen Dot-Com-Börsencrash nicht mehr, ihr Slogan aber hat sich bewahrheitet: Erst wurde Musik digital und durch Tauschbörsen im Internet milliardenfach verbreitet - anfangs als pure Raubkopien, inzwischen oft genug gegen Entgelt. Dann kamen Filme und TV-Sendungen ins Netz. Selbst die Buchbranche arbeitet inzwischen an der Durchsetzung so genannter E-Book-Reader zum digitalen Vertrieb. Was noch fehlte, war das klassische Zeitschriftengeschäft: Magazine, so glauben große Teile der Branche, funktionieren vor allem gedruckt.

Dass sie sich da mal nicht täuschen. Die Macher einer etwas ominösen Website versuchen jetzt, auch Printprodukte ins Internet zu holen: www.mygazines.com hat seinen Sitz auf den Kleinen Antillen und schert sich wenig um Urheberrechte und Copyrights. Die Seite ist eine Tauschbörse für Magazine: Jeder Nutzer kann seine Zeitschriftensammlung einscannen und hochladen.

Das Angebot ist bereits jetzt groß: Vom Lifestyle-Titel Esquire über das General-Interest-Heft Time Magazine bis hin zum Fachblatt Advertising Age wird man in mehr als einem Dutzend Kategorien von "Kunst" bis "Fraueninteressen" fündig. Die Bedienung ist herzlich einfach: Man kann sich eine Gesamtübersicht eines Heftes ansehen, einzelne Seiten durchblättern, in Texte und Bilder hineinzoomen und erstaunlich augenfreundlich lesen. Komplette Hefte sind online - inklusive Werbung. Und es gibt eine Schrifterkennung, so dass man die Inhalte der Magazine Wort für Wort durchsuchen kann. Nur herunterladen lassen sich die digitalen Blätter (noch?) nicht - so freundlich wollte der Betreiber gegenüber den Medienkonzernen offenbar sein.

Dass die mit dem Angebot auch in seiner jetzigen Form nicht einverstanden sind, zeigen Klagen, die unter anderem das Verlagshaus Time Warner und der Verlag des britischen Economist vorbereiten. "Wir nehmen unser geistiges Eigentum sehr ernst und erwägen derzeit passende Schritte in dieser Angelegenheit", heißt es bei Letzterem. Auch der US-Verlegerverband Magazine Publishers of America will seine Mitglieder, die Copyright-Inhaber, im Kampf gegen das Angebot unterstützen.

Noch ist Mygazines.com verhältnismäßig klein - knapp 16.000 Nutzer waren im August angemeldet. Das Angebot wächst aber rasant, befördert auch durch Links aus Blogs und Lesezeichendiensten. Die Nutzer freuen sich offensichtlich, dass Inhalte, die bislang nur in Form von totem Holz zugänglich waren, nun digitalisiert vorliegen.

Womit wir wieder beim anfänglichen Razorfish-Zitat wären: Ähnlich wie im Bereich Musik (man denke nur an Napster) macht auch hier ein Außenstehender der klassischen Medienindustrie vor, wie sich deren Inhalte netzgerecht aufbereiten lassen. Ein gut funktionierendes legales Web-Angebot für Magazine existiert derzeit nämlich nur in Ansätzen - so genannte E-Paper, die einzelne Verlage anbieten, sind bei Nutzern eher unbeliebt.

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