Kürzung von Erziehungshilfen ist Bumerang

Die freie Wohlfahrtspflege will die drohenden Einsparungen im Bereich der Erziehungshilfen doch noch verhindern

Im Vorfeld der anstehenden Zäsur bei den Hilfen zur Erziehung warnt die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin (Liga) noch einmal die politischen Entscheidungsträger. „Die Folgen, die ein weiterer finanzieller Einschnitt hätte, sind verheerend“, sagt Sprecherin Elfriede Witten.

Morgen werden im Hauptausschuss die Finanzzuweisungen des Senats an die Bezirke beschlossen. Dabei geht es auch um die geplanten Einsparungen bei den Hilfen zur Erziehung. In den Jahren 2006 und 2007 sollen sie noch einmal um insgesamt 33 Millionen Euro gekürzt werden. Seit 2002 beschnitt das Land diesen Bereich bereits um 128 Millionen Euro.

Zu den Erziehungshilfen gehören Krisendienste, Familienhelfer, betreute Wohngruppen und Heimerziehung.

Auch Berlins Kirchenoberhäupter unterstützen die Liga. Kardinal Georg Sterzinsky und Bischof Dr. Wolfgang Huber wandten sich mit einem Schreiben an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Darin fordern die beiden Geistlichen, dass auf der Grundlage eines „fachlich nachvollziehbaren Datengerüsts eine jugendpolitisch vertretbare Mittelausstattung vorgeschlagen werden“ dürfe.

Als Zugeständnis an die vorgebrachten Argumente und Proteste wertet die Liga die Erhöhung der geplanten „Abfederung“: Falls die Bezirke ihre Etats in der Erziehungshilfe überziehen, werden davon 75 Prozent vom Senat rückerstattet. Ursprünglich waren 50 Prozent angepeilt worden. Dieser scheinbar „kluge Kompromiss“ hielt einer kritischen Betrachtung aber kaum stand, erklärt Witten. Zum einen weil die Bezirke in Vorkasse treten müssten, sie aber nicht in der Lage seien, diese Mittel vorzufinanzieren. Zum anderen haben nur diejenigen Bezirke ein Recht auf 75 Prozent Kostenerstattung, die ihre Mitarbeiter zu Schulungen schicken. Diese Schulungen sollen aber nicht die Betreuung verbessern, sondern das Kostenbewusstsein der Mitarbeiter schärfen. „Kluges Sparen“ ist das Schlagwort.

Bessere Präventionsmaßnahmen in der offenen Jugendarbeit könnten bei den Erziehungshilfen finanzielle Entlastung bringen, sagte Witten. Aber auch diese Umschichtung der Lasten erscheine unglaubwürdig, da im Bereich der offenen Jugendarbeit ebenfalls Kürzungen anstehen. Benjamin Brand