Tarifrunde in der Elektro und Metallindustrie: Bis zu acht Prozent mehr Lohn verlangt

Im Oktober beginnt die nächste Tarifrunde in der Elektro- und Metallindustrie. Die IG Metall verlangt die höchste Lohnsteigerung seit Jahren.

Die Runde kann heiß werden. : dpa

BERLIN taz Was die Wirtschaft mit Emotionen zu tun hat? Das zeigt sich in der Debatte über die neuen Lohnforderungen der Gewerkschaften. Jüngst erst warnte Martin Kannegiesser, der Präsident des Verbands der Metallunternehmen: "Es geht nicht, dass diese Tarifrunde zu einer Tarifrunde der Gefühle wird." Man solle bitte rational argumentieren. Seine Warnung richtete er an Berthold Huber, den Chef der Industriegewerkschaft Metall.

Die beiden stehen sich ab Anfang Oktober wieder bei den Tarifverhandlungen gegenüber. Am heutigen Montag wird der Vorstand der Metall-Gewerkschaft seine Empfehlung formulieren. Alles deutet darauf hin, dass die Vertretung der rund 3,6 Millionen Beschäftigten der Branche zwischen 7 und 8 Prozent mehr Lohn verlangt. Das wäre die höchste Forderung seit 16 Jahren. Im letzten Jahr forderte die IG Metall 6,5 und bekam 4,1 Prozent plus 400 Euro Einmalzahlung für 2007 und 1,7 Prozent für 2008.

Es klingt zunächst paradox: 2007 fiel die Lohnsteigerung moderat aus, obwohl die Wirtschaft im Aufschwung war. In diesem Jahr droht eine Krise - und die Gewerkschaft kommt mit einer Forderung wie in den 1970er-Jahren. Aber die Berechnung der IG Metall enthält zwei rationale Komponenten - und eine emotionale. Erstens sollen die Beschäftigten einen Ausgleich für die Inflation erhalten, 2,5 Prozent Wertverlust nimmt die Gewerkschaft an. Dazu addiert man die vermutliche Produktivitätssteigerung um rund 1,5 Prozent. Die dritte Größe "ist die Gerechtigkeitskomponente", sagt IG-Metall-Chef Huber. Die beträgt noch einmal bis zu 4 Prozent. Und das macht zusammen: 8 Prozent.

Man kann diese Formel für legitim halten. Denn während die Gewinne der Unternehmen zuletzt boomten, erhöhten sich die Löhne kaum. Angesichts der sozialen Spaltung der Gesellschaft wolle man ein "Zeichen für Gerechtigkeit setzen", so IG-Metall-Sprecherin Ingrid Gier.

Auch gesamtwirtschaftlich kann Achim Truger vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie in Düsseldorf einer höheren Lohnforderung etwas abgewinnen. Die Löhne stellen zwar Kosten für die Unternehmen dar, bilden aber auch die Nachfrage. "Steigende Löhne wirken stabilisierend auf den privaten Verbrauch, was bei schlechteren Exportaussichten umso wichtiger ist."

Tarifexperte Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln meint dagegen: "Der Spielraum wird kleiner." Dass die Beschäftigten am Zuwachs ihrer Arbeitsleistung beteiligt werden sollen, befürwortet Lesch. Aber die Inflationsrate einzurechnen? Sein Gegenargument: Die oft im Export tätigen Unternehmen "könnten die Inflation angesichts der sich abzeichnenden Konjunkturabschwächung kaum" auf ihre Verkaufspreise überwälzen, zahlten dann also drauf. Und das, wo auch noch die Aufträge zurückgingen. Dieser Argumentation zufolge müsste die Lohnsteigerung nicht über, sondern unter den 4,1 Prozent von 2007 liegen.

Nach den Erfahrungen früherer Jahre kann man wohl davon ausgehen, dass die IG Metall 4 bis 5 Prozent für 2009 herausholen wird. HANNES KOCH

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