taz-Genossenschaftsversammlung: Eine Frage der Haltung
Die taz-Genossenschaftsversammlung war auch in diesem Jahr ein Forum intensiver Diskussion. Und eine Plattform mit hoffnungsvoller Aussicht: Auf die Zukunft der taz.
"Es gab noch nie so viele Geno-Anmeldungen wie in diesem Jahr", eröffnete taz-Chefredakteurin Bascha Mika gut gelaunt die Genossenschaftsversammlung der taz - ein Grund zu einhelliger Freude. Doch im Berliner Ver.di-Haus wurde auch in diesem Jahr selbstverständlich rege diskutiert, etwa die Frage, ob die taz in Zukunft Anzeigen der Atomindustrie abdruckt.
Zwei Genossen hatten gefordert, dass weder Hersteller noch Anwender von Atomkraft Anzeigen in der taz schalten dürfen. Sie gaben zu bedenken, dass die taz sich unglaubwürdig mache und ihre Unabhängigkeit verliere, wenn sie weiterhin Anzeigen der Atomindustrie veröffentliche. Diese Anzeigenkunden müssten genauso behandelt werden wie jene der Rüstungsindustrie, nämlich gar nicht.
Im Gegenzug meldeten sich Genossinnen und Redakteure zu Wort, die auf die ökonomischen Überlebensnotwendigkeiten der taz und auf die strikte Trennung von redaktionellen Inhalten und dem Verlagsgeschäft hinwiesen.
Der generelle Umgang mit Anzeigen in der taz war schon immer umstritten, besonders augenscheinlich wurde dieser Streitpunkt zuletzt im Jahr 1998, als eine Welle von Bundeswehr-, Castor- und Chemieanzeigen auf die taz zurollte. Eine spontane Befragung der GenossInnen hatte damals jedoch ergeben, dass rund sechzig Prozent mit dem Abdruck der Anzeigen einverstanden waren.
Ein ähnliches Ergebnis ergab sich auch an diesem Samstag. Zweimal zählte der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Hermann-Josef Tenhagen, die weißen Karten, die von den Genossinnen in die Höhe gehalten wurden. Die Abstimmung war deutlich: Über zwei Drittel lehnten die beiden Anträge ab.
Für anfängliche Irritationen sorgte die Neubesetzung der Aufsichtsratsspitze. Nachdem Adrienne Goehler relativ kurzfristig von einer neuen Amtszeit Abstand genommen hatte, wurde Astrid Prange de Oliveira von Mitgliedern des Aufsichtsrates als ihre Nachfolgerin vorgeschlagen. Spontan hatte sich ein Genosse als Gegenkandidat angeboten, die Genossenschaftsversammlung jedoch stellte sich in der geheimen Wahlabstimmung geschlossen hinter Prange de Oliveira. Die ehemalige taz-Brasilien-Korrespondentin versicherte: "Ich fühle mich der taz sehr verbunden, ihre Unabhängigkeit ist mir sehr wichtig." Neben Adrienne Goehler wurde auch das langjährige taz-Vorstandsmitglied Stefan Affentranger verabschiedet, der die taz in diesem Jahr verlassen wird.
Am Ende der Versammlung oblag es Chefredakteurin Bascha Mika, einen Blick in die Zukunft der taz zu werfen. Der 30. Geburtstag am 17. April des nächsten Jahres soll zum zentralen Dreh- und Angelpunkt der taz-Zukunftsstrategie werden: "Das Fest wird zum Anlass genommen, einen Hausputz zu machen", sagte Bascha Mika und stellte den geplanten "Tu was!?"- Kongress vor. 30 Jahre nach dem "Tunix-Kongress", aus dessen Mitte heraus die taz geboren wurde, soll drei Tage lang Raum geboten werden, um alternative Antworten auf zentrale Zukunftsfragen zu finden. Zudem soll zum 30. Geburtstag eine völlig neue taz-Wochenendausgabe an den Start gehen: die sonntaz. Peter Unfried, stellvertretender Chefredakteur, präsentierte bereits vorab die Grundzüge der neuen Ausgabe und betonte: "Die sonntaz soll die Vertiefung und Diskussion für langfristig erdachte Themen ermöglichen. Die taz soll über ihre 30 Lebensjahre hinaus eine tragfähige Zukunft haben."
In diesem Sinne bedankte sich Klaudia Wick im Namen der Genossenschaft bei allen Spendern für ihre großzügige Unterstützung der neuen taz Panter Stiftung. Satte 680.000 Euro wurden bereits in die Stiftung eingezahlt, die noch in diesem Monat gegründet wird. Auch sie soll ein Beitrag für die Zukunft sein. Sie dient nicht nur der Finanzierung des Panter Preises, sondern auch der taz Akadamie. Jungen JournalistInnen soll dort nicht nur das Handwerk vermittelt werden, sondern auch ein anderes zentrales Element des Berufes: eine Haltung.
JADRANKA KURSAR
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