Wissenschaft im Fernsehen: Von Heilmitteln und Drogen
Die Wissenschaftsreihe "Z wie Zukunft" in 3sat ist ambitioniert, bleibt aber zugänglich. So auch die Folge am kommenden Mittwoch über "Glücksdesigner".
2007 war das Jahr, in dem im öffentlich-rechtlichen Fernsehen die Zukunft boomte: Das ZDF nahm für das dreiteilige Dokudrama "2057 - Unser Leben in der Zukunft" und den Fiction-Mehrteiler "2030 - Aufstand der Alten" ein paar Millionen Euro in die Hand. Und beim Partnersender 3sat lief die erste Staffel von "Z wie Zukunft" - allerdings mit wesentlich knapperen Budgets und näher dran an der heutigen Realität. "Uns interessiert, was die nächsten zehn Jahre bringen, und nicht, was in 50 Jahren sein wird", sagt Redakteurin Anja Fix.
Derzeit läuft die zweite Staffel, deren vier Filme die Optimierbarkeit "der Ressource Mensch" im Blick haben. Beteiligt waren Mitarbeiter aus vier Redaktionen: dem Dokubereich sowie aus den Teams der Magazine "Hitec", "Kulturzeit" und "Scobel".
Es sind allesamt ambitionierte Filme: Innerhalb einer halben Stunde absolvieren die Autoren wahre Parforceritte durch schwer abzugrenzende Gebiete. In der Dokumentation "Mensch 3.0 - Die Zukunft der Information" ging es vorige Woche mal um "intelligente" Gebrauchsgegenstände wie Kühlschränke, die melden, wenn die Milch sauer zu werden droht, mal um die Wahrhaftigkeit von Suchmaschinen. Das Spektrum von Willi Setzers "Glücksdesigner - Die Zukunft unseres Bewusstseins" reicht von den zukünftig immer wichtiger werdenden Naturheilmitteln und ihren unbekannten Nebenwirkungen bis zur Frage, ob Meditation nicht eine ähnliche Wirkung haben kann wie halluzigene Pilze.
Unterfordert wird der Zuschauer hier wahrlich nicht, es geht Schlag auf Schlag, und trotzdem bleibt der Film zugänglich, denn ähnlich wie die anderen Autoren der Staffel personalisiert auch Setzer seine Themen: Dem Zuschauer werden die mitwirkenden Forscher näher gebracht, als es bei Wissenschaftsdokus üblich ist.
Eine der Perspektiven, die "Glücksdesigner" aufzeigt: Die Grenzen zwischen Heilmittel und Droge verschwimmen immer weiter, je perfekter die Hirndopingpräparate sind, die Genforscher und Neurowissenschaftler entwickeln. Schon jetzt sei ein Drittel aller Antidepressiva-Nutzer gar nicht depressiv, sagt ein Forscher: "Die Mittel werden eingesetzt, um Alltagsprobleme wegzuschlucken." Und in solchen Fällen werde das Medikament zur Droge. Setzer skizziert die Gefahr, dass der Mensch von einem agierenden zu einem pharmazeutisch gesteuerten Wesen wird - wobei sich immer besser aufgeputschte Starke und immer besser betäubte Schwache gegenüberstehen. Wenigstens ein Experte hat leicht beruhigende Worte parat: "Das intensivste Psychopharmakum ist immer noch die Sprache."RENÉ MARTENS
Letzter Teil am Mittwoch, 21 Uhr, 3sat
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!