RALF LEONHARD ÜBER DIE SPALTUNG DER UNGARISCHEN GRÜNEN
: Notwendige Spaltung

Der Spaltpilz ist ein konstituierendes Merkmal linker Parteien. Bei der Spaltung der ungarischen Grünen, der LMP („Politik kann anders sein“), ging es aber nicht um kleinkarierte ideologische Besserwisserei, sondern um die strategische Frage „Mit wem kämpfe ich um die Macht?“.

Premier Viktor Orbán verfügt derzeit über eine komfortable Zweidrittelmehrheit, die es ihm erlaubt, das Land nach Belieben umzubauen und seine Vertrauensleute in allen relevanten Institutionen zu installieren. Da aber viele Mitläufer inzwischen enttäuscht sind, besteht bei den Wahlen im kommenden Jahr die Chance, ihn abzuwählen.

Das kann aber nur gelingen, wenn die Opposition links der Mitte geeint auftritt. Die LMP stand jedoch bisher auf dem Standpunkt, man müsse sich von allen Kräften, die in den vergangenen Jahrzehnten regiert haben, fernhalten, um sauber und glaubwürdig zu bleiben.

Zweifellos hat die nur dem Namen nach sozialistische MSZP durch ihre neoliberale Wirtschaftspolitik, Korruption und die Unaufrichtigkeit ihrer Spitzenpolitiker in den Jahren 2002 bis 2009 gehörig Schuld an der Krise der Politik. Doch ohne die MSZP, die immer noch über eine zuverlässige Wählerklientel verfügt, wird Orbán kaum zu bezwingen sein.

An der Läuterung der Sozialdemokraten unter ihrem neuen Parteichef Attila Mesterházy kann man zweifeln, nicht jedoch an der Gesinnung der faschistischen Jobbik-Leute. Dass Ex-LMP-Chef András Schiffer eher „mit dem Teufel“ in Gestalt der Jobbik paktieren will, um einen politischen Umschwung zu bewirken, hat die Grünen-Partei viele Sympathien gekostet. Die Abspaltung der grünen Abweichler unter dem Namen „Dialog für Ungarn“ ist daher eine logische Konsequenz, wenn der Machtwechsel 2014 gelingen soll.

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